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Erfant terrible Günther Kenning
Der Schein des Untertitels dieses Bandes trügt nicht: Günther Nenning scheint diese „Satiren zur Zeit“ wirklich „herzlich ernst“genommen zu haben.
Der Schein des Untertitels dieses Bandes trügt nicht: Günther Nenning scheint diese „Satiren zur Zeit“ wirklich „herzlich ernst“genommen zu haben.
Er ist mit 73 geblieben, was er immer war: in allmählich sou veräner Form Enfant terrible, wie eh und je, von Kreisky einst (wenn er verärgert war) halb wohlwollend zum „Wurstel“ ernannt Viele Jahre war Nanning SPÖ-Mit- glied, Obmann der Joumalisten-Ge- werkschaft, bis er aus beiden Institutionen hinausgeworfen wurde: er war ihnen allzu „terrible“, aber der bereits pensionierte Kreisky fand diese Remedur falsch; politische Fehltritte seien bei Nenning nicht so bitter ernst zu nehmen.
Doch auch als Mitbegründer der Grünbewegung in Österreich hatte er bald allen Grund, sich zurückzuziehen, und zieht nun als „vogelfreier Schriftsteller“ durch sämtliche Medien: Boulevardblätter drucken ihn ebenso gern wie die seriösesten Organe, im Rundfunk und auf dem Bildschirm kommt er zu Wort und sammelt neuerdings seine da wie dort verstreuten Wortmeldungen unter dem provokant antwortenden Titel auf alle Bezichtigungen: „Es ist mir herzlich ernst“; es sind, fügt er hinzu, lauter „Satiren zur Zeit“.
Ob es uns paßt oder nicht, er belehrt: „Die Realität ist ein TV Be richt, und der TV-Bericht ist die Realität“ Modernisiertes Diktum nach Karl Kraus, der im Buch ausführlich respektiert wird, und vor mehr als 80 Jahren den Ersten Weltkrieg auch als Folgeerscheinung der Publizistik voraussagte. Der Autofahrer, rechnet sich Nenning aus, fährt „jährlich ebenso viele Mitmenschen tot (40.000) wie im Golfkrieg starben“.
Auch gegen die grassierende Prü derie bei Feministinnen argumentiert er gelassen, aber „ich möchte nicht mißverstanden werden. Ich bin doch für alles. Ich war schon Feminist, als die Genossinnen noch Kaffee kochten für die Obermachos der 68er Revolution“. In Sarajewo-Berichten findet er die Zoo-Tragödie ernstlicn fromm der ökologischen Rede wert „Tiere kommen ja nicht in die Hol’ le, außer in jene, welche Menschen ihnen bereiten.“
Nicht um die Burg läßt Nennig ein aktuelles Thema aus: «0®? wenn der Österreicher in seiner Q®* verstummt, gab ihm der PeynraiM® sagen, was er leidet.“ Friedrich l°r berg, den heute gern unterschätz®“ diffamierten Begründer des rum“ (dessen Mitarbeiter NeDfl® von Anfang an war), schätzt er na5 wie vor und definiert den W l Vorbildlichen als „Musterknaben der I land der Mutter Sprache ® ihres Onkels Karl Kraus“.
ES IST MIR HERZLICH ERNST Von Günther Nenning.
Verlag Langen Müller, München/Berlin 1994. 254 Seiten öS 2D.-.
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