springer - © Foto: Imago / Sven Simon

Friede Springer: Wie vier Märchen aus 1001 Nacht

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Vom Kindermädchen zu Deutschlands Medienzarin: Friede Springer „erbte“ das Imperium des Verlegers Axel Cäsar Springer. Und hielt es – neben Bertelsmann unter Liz Mohn – an der Spitze. Am 15. August wird sie 80 Jahre alt. Über ein Leben im Ausnahmezustand.

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Vom Kindermädchen zu Deutschlands Medienzarin: Friede Springer „erbte“ das Imperium des Verlegers Axel Cäsar Springer. Und hielt es – neben Bertelsmann unter Liz Mohn – an der Spitze. Am 15. August wird sie 80 Jahre alt. Über ein Leben im Ausnahmezustand.

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Die vier Geschichten, die es zu erzählen gilt, hören sich an wie Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Aber es sind wahre Geschichten. Sie haben sich in Hamburg und Berlin zugetragen, und sie fügen sich zu einer Vita im Ausnahmezustand zusammen.

Das erste „Märchen“ beginnt 1965: Friede Riewerts ist in einem Gärtnereibetrieb auf Föhr aufgewachsen und möchte weg von der Insel. Mit 23 Jahren und Volksschulabschluss bewirbt sie sich als Kindermädchen bei Deutschlands größtem Zeitungsverleger. Sie soll dessen dreijährigen Sohn betreuen und wird von der Ehefrau Axel Cäsar Springers angestellt – zu einem Zeitpunkt, als die vierte Ehe des Magnaten, der zuvor mit seinem offenbar unwiderstehlichen Charme zwei seiner Frauen einem Grundstücksnachbarn ausgespannt hat, bereits auseinanderdriftet. Die blonde, gut aussehende Friede erobert das Herz des Lebe und Strahlemanns, wird erst die Geliebte des Verlegers, dann seine Frau und schließlich seine Erbin. Schon zuvor erlebt sie an seiner Seite stürmische Zeiten: Einer seits hat sie allen erdenklichen Luxus und lernt die Mächtigen und Reichen der Welt kennen, andererseits wird wenig später ihr Mann – nach dem Tod von Benno Ohnesorg 1967 und den Schüssen auf Rudi Dutschke 1968 – zum bestgehassten Buhmann einer ganzen Studentengeneration. Sie muss außerdem aus nächster Nähe miterleben, wie sich einer der Söhne Axel Springers, der Fotograf Sven Simon, das Leben nimmt. Kurze Zeit später wird Springers Enkel im Schweizer Internat Opfer einer Entführung.

Ein fast verspieltes Erbe

Die zweite Geschichte erinnert ebenfalls eher an eine Fabel als an die Wirklichkeit. Sie beginnt damit, wie die Erbin das Ererbte zu verspielen droht – auch weil ihr Mann kurz vor seinem Tod 1985 einige Weichen falsch gestellt hat. Friede Springer hat zwar an der Seite Springers gut gelebt, ist aber keine Verlegerin und Geschäftsfrau. Ihr Mann hat zuletzt die Gebrüder Burda an Bord geholt – und die Deutsche Bank drückte ihm im Zuge des Börsengangs mit Leo Kirch einen weiteren gewieften Medienmogul als Großaktionär aufs Auge. Als neue Miteigentümer verfolgen diese ihre Eigeninteressen.

Es gibt außerdem Erbstreitigkeiten. Zugleich kämpft Friede Springer im eigenen Haus mit Männerbünden und Intrigen. Kirchs und der Burdas entledigt sie sich schließlich, indem sie deren Anteile teuer zurückkauft. Immer wieder wechseln außerdem die Vorstandsvorsitzenden: Peter Tamm (bis 1991), Günter Wille (1991–93), Günter Prinz (1994), Jürgen Richter (1994– 97), Gus Fischer (1997–2001). Aber Friede Springer gelingt das Unwahrscheinliche: Trotz alledem kann sie ihr Erbe sichern. Die Witwe wird schließlich, so ihre Biografin Inge Kloepfer , „zur Königin“ ihres Imperiums. In ihrem Privatleben hat sie es dann aber doch gerne eine Nummer kleiner als ihr verstorbener Gemahl: Schritt für Schritt trennt sie sich von den hochherrschaftlichen Besitztümern, die Axel Cäsar Springer für seinen Lebensstil brauchte: Sie verkaufte Schloss Schierensee und weitere Residenzen am Jungfernstieg in Hamburg, in London und Jerusalem sowie ihr Haus auf Patmos. In Berlin zog sie von Springers Palast auf Schwanenwerder in eine kleine Villa in Dahlem um.

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