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„Der Corregidor“

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Der Pariser Musikkritiker Claude Rostand, der die erste französische Hugo-Wolf-Monographie verfaßte und der ein enthusiastischer Verehrer des großen Liederkomponisten ist, bezeichnet die Oper „Der Corregidor“ kurzerhand als „une ceuvre ratee“ (ein mißlungenes Werk). In der Tat konnte sich diese einzige vollendete Oper Wolfs, deren Komposition im März 1895 begonnen wurde und deren Partitur innerhalb von neun Monaten abgeschlossen war, auf keiner Bühne behaupten. Kurt Honolka kennzeichnet sie als „eines der edelsten Schmerzenskinder der deutschen Oper: alle bewundem die Feinheit der Musik, aber nur wenige spielen das Stück“.

Nach der konzertanten Aufführung im Großen Musikvereinssaal durch den Chor und das Orchester des österreichischen Rundfunks unter der Leitung von Ernst Märzendorfer erscheint das zwar bedauerlich, aber bis zu einem gewissen Grade begreiflich. Und zwar liegt es nicht nur an dem uninteressanten, weitschweifigen Textbuch der Frau Rosa Mayreder-Obermayer (nach einer Meisternovelle Alarcons, deren Sujet Manuel de Falla zu einem zündenden, weltberühmten Ballett zu nützen verstand), sondern auch an der zwar sehr schönen und wertvollen, aber durchaus undramatischen Musik von Hugo Wolf, angefangen von dem lyrisch-besinnlichen Vorspiel bis zum hymnischen Schluß. Beides ist für eine Buffa — denn um eine solche sollte es sich dem Stoff nach handeln — im höchsten Grade ungeeignet. Überdies „meistersingert“ die Musik viel zu sehr (was Hugo Wolf wußte), und der Kontrapunkt (auf den er so stolz war), wurde dieser Opernmusik zum Verhängnis. Spanisch-Folkloristisches hätte den Komponisten anregen können —, doch es kommt in der Partitur kaum vor. Die Schwierigkeiten liegen aber noch tiefer: wir wüßten unter den österreichischen Generationsgenossen Wolfs kaum einen, der imstande gewesen wäre, diesen typisch romanischen Stoff in Musik zu setzen.

Ein rundes Dutzend Solisten mühte sich redlich und leistete Hervorragendes: die Damen Stich-Randall, Burmeister, Bruckmann und Flossmann sowie die Herren Kerns, Rifz-mann, Schöffer, Czerwenka, Böhm, Süss und Handlos. Ernst Märzendorfer sorgte für Dramatik auf dem Podium. Und obwohl es sich um keine Wiener Erstaufführung handelte, wie man da und dort hören und lesen konnte (Gustav Mahler hat nach* längerem Zögern den „Corregidor“ am 18. 4. 1904 an der Hofoper aufgeführt, wo es bis 1936 etwa 20 Reprisen gab) war dieser Beitrag des Österreichischen Rundfunks zu den Wiener Festwochen wertvoll und interessant.

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