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Knicker, Filz und eitler Floh

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Die Burghofspiele auf dem Petersberg sind ins 20. Spieljahr getreten. Erfolge in steter Steigerung haben den Weg gezeichnet, dessen Stationen zumeist die Werke der Klassiker waren — Erhebung, Erschütterung und der Tribut, den die Dichter dem Lachen zollten. An dieses aber wollte sich Hannes Sandler in der Jubiläumsspielzeit bewußt halten; sie sollte der Komödie bestimmt sein, und so wählte er zwei Franzosen': Moliere und Feydeau — und stellte ihnen die Szene im Burghof. Gemeinsam sollten beiden der architektonische Rahmen und das Bühnenbildgerippe, verschieden aber Tapete und Kulisse sein: die Szene aus der Zeit Ludwigs XIV. war durch entsprechenden Ein- und Umbau in die Tage der Jahrhundertwende zu überführen.

Zunächst spielte man Molieres Komödie „Der Geizige“ (von Hans V/eigel nachgedichtet), jene Charak-teranalyse, an der sich vom Autor an die großen Mimen erprobt hatten. Und weil der Harpagon eine Rolle so recht nach Sandlers Komödiantenneigung ist, schlüpfte er. hinein und wurde der Knicker und Filz, dem das Geld fast tragisch den lächerlichen Lebensablauf bestimmt. Wie er diese Aufgabe, „der Geizige“ zu sein, löste, bestätigt den Darsteller, wie sein Gefolge sich gewachsen zeigt, beglaubigt den Regisseur Sandler. Da war nichts falsch oder dilettantisch, vielmehr gekonnt und auch in den, ach so undankbaren, ernsten Rollen rühmenswert: eine reizende Elise (Veronika Pörtscha-cher), eine herbe Mariane (Heidelore Mülonig) und eine ausgezeichnete Frosine (Irene Schuhmeyer), die mit allen Komödienwassern gewaschen ist. Robert MössTacher als überlegen-männlicher Vfrlere; Heinz Köppl als nur dem Äußern mach stutzerischer Cleänte und Josef Schuhmeyer als spitzbübischer La Fleche gaben bestes Theater.

War so. mit der Eröffnungspremiere uniter strahlenden Sternen der Erfolg gesichert, kam eine Woche spä-

ter als österreichische Erstaufführung Georges Feydeaus Schwank „Der Floh im Ohr“ an die Reihe, der eine Steigerung bedeutete. Denn was da Sandler aus seinen Getreuen in monatelanger Arbeit herausgeholt hatte, hätte auch einer Berufsbühne begeisterte Kritiken eingetragen. Nicht leicht zu spielen, dieser Feydeau, der sich seine Stücke so amüsant zu bauen wußte, daß der Zuschauer gar nicht zum Nachdenken kommt, wenn da oben auf den Brettern eine komische Situation die andere ablöst und die Fäden sich fast unentwirrbar verknoten, wie in diesem Schwank. Er lebt von der Doppelgestalt Chandebise-Poche und nährt sich von Eifersucht und Verliebtheit der Gestalten, die ein fingierter Liebesbrief ins „Galante Kätzchen“ lockt und mit den Verwechslungen konfrontiert, die sich ergeben, wenn man den Direktor für den Hausknecht hält und umgekehrt. Hier konnten sich die Friesacher ausleben, allen voran Hannes Sandler in zwiefacher Auflage: als selbstbewußter und doch ängstlicher Chande-bise und als tolpatschiger, versoffener Hoteldiener Poche. Apart und von weiblichem Charme beflügelt Veronika Pörtschacher (Madame Chandebise), rassig Irene Schuhmeyer als Lucienne, der ihr spanischer Gatte Carlos (Josef Schuhmeyer) mit Liebe und Eifersucht die Hölle heiß macht, wenn er, ein anderer Othello, über die Bühne rast. Arnold Putz als Tournel macht verliebt gute Figur, ohne der Albernheit zu entraten; Robert Mösslacher führt im „Galanten Kätzchen“ ein tritteausteilendes Regiment, und Heinz Köppl als Camille ist umwerfend komisch, wenn er ohne Konsonanten verstanden sein will. Es gab tolles Gelächter und begeisterte Zu * Stimmung zu einem Stück,'das auch noch im nächsten Jahr da sein könnte. „Wanderer, kommst du nach Friesach, vergiß den ,Floh' nicht zu fangen, und beim ,Geizigen' sei — dennoch — willkommener Gast!“

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