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Komödie und Tragödie

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Mit Molieres letzter Komödie, in der er sich unter dem Titel „Der eingebildete Kranke“ mit dem Dünkel eines mehr auf das Geschäft als auf die Heilung eingestellten Ärztestandes auseinandersetzte und im Modellfali des Herrn Argan das Unheil der Hypochondrie spottend ad absurdum führte, haben die Friesacher Burghofspiele jenes Stück ihrem Spielplan eingegliedert, das durch seine vis comica den Erfolg garantiert. Hier gab es auch in der Besetzung, sieht man von dem mehr bläßlichen Liebespaar ab, nur Gültiges und in einer jungen Darstellerin, die ihr Debüt federte, die große Überraschung.

Hannes Sandler, der zielbewußt und in Ausspielung jeglichen Spaßes Regie führte, hatte eine bestechend schöne Bühne bestellt. Artoers Musik gab die stimmungsvolle Untermalung, Hugo von Hofmannsthals Vorspruch zum 250. Todestag des Dichters aber die tragisch angetönte Einbegleitung, nach der die witz-und spottdurchwirkte Komödie um so voller zur Geltung kam. Den Schluß hatte sich Sandler unter Verzicht auf das kaum noch spielbare Ärzteballett selbst ausgedacht und aktualisierend auf ein die Premiere stürmisch feierndes Publikum wirken lassen.

Daß Sandler ein Argan von hohen Graden sein würde, war zu erwarten. Er ließ sich auch keine Pointe des Textes und der leiblichen Betroffenheit entgehen und verwaltete wie ein Geiziger den Schatz des Humors, den er in gekonnter Steigerung über den Abend verteilte, trefflich assistiert von der Toinette der Veronika Pört-schacher, die für Eriesach neu war und schon mit der gepflegten Sprache des Prologs aufhorchen ließ, dann aber alle Register schalkhaften Ubermuts und szenenbeherrschender Gewandtheilt zu • ziehen wußte, erfreulich mit jedem Auftritt und überzeugend in der Zeichnung der Rolle.

Schüler hat „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ ein republikanisches Trauerspiel genannt. Nun haben die Friesacher Burghofspieler im 18. Jahre ihres Wirkens unternommen, dieses Spiel von Machtstreben und Tod in der von Sauer besorgten, vernünftig gekürzten Form auf die Bretter zu bringen, und nun hat Hannes Sandler ihm als Regisseur, Bühnenbildner und Darsteller zum Erfolg verholten, den Schwerpunkt auf den politischen Grundton legend und so die Aktualität betonend, die in diesem Trauerspiel zwischen Diktatur und Freiheit eingebettet liegt.

Auf einer nach Jahren völlig neu und aufwendig gebauten Bühne hat

Sandler den eindrucksvollen Schauplatz gestaltet, hat Norbert Artners einfallsreiche, dem Handlungsklima gemäße Musik einbezogen und aus Licht und Kostüm (Lambert Hofer) ein Genua geschaffen, das den Reichtum, zugleich aber auch die Problematik seiner Beherrscher zeigt. Die Komparserie, die immer die Gefahr einer „Veroperung“ bedeutet, ist nach Möglichkeit gelenkt; um so besser kann sich die Darstellung der Hauptrollen entfalten, und hier ist es die Titelrolle, die einen idealen Künstler gefunden hat: Robert Möß-lacher, dem Fiescos herzengewin-hende Eleganz eigen ist, der aber auch das Hintergründige in keiner Szene missen läßt, in der Parabel von den Tieren sozusagen „die große Arie“ makellos zu Gehör bringend. Ihm ebenbürtig der Mohr von Tunis, Hannes Sandler, dessen komödiantisches Blut überschäumt und an die Pforten der Hölle brandet, der dieser Bösewicht verschrieben Ist. Irene Schuhmeyer gibt eine imponierende Julia ab, Heidelor Millonig und Veronika Pörtschaeher als Leonore und Berta spielen > ihre Rollen vom Empfinden her. Überzeugend Karl Benesch als Doge Andreas Doria, vorgeschrieben abstoßend der Gia-nettino Wolf gang Schrey, dem Heinz Köppl als Lomeliino tückisch assistiert. Mit den sich, gut haltenden Verschwörern Gerhard Müller, Heinz Neunteufel jun. und Waldemar Thalmann ist die Liste jener vervollständigt, . die zu erwähnen geboten erscheint.

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