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Mohn ist auch ein Geschäft
Mit internationalem Starrummel nach einem vorbereiteten Publicitytrommelfeuer wurde die Weltpremiere des Farbfilms „Mohn ist auch eine Blume“ in der Wiener Stadthalle in Szene gesetzt. Die „Stadthalle“ ist bekanntlich auch die Weltvertriebsfirma des Films, der die Bemühungen der UNO zur Unterbindung des zerstörerischen Rauschgiftschmuggels aufzeigen will und dessen Reingewinn den humanitären Bestrebungen der Vereinten Nationen zugute kommen soll, zumal ja viele große Stars ohne Gage bei diesem Film mitwirkten.
Abgesehen von der pompösen und zuweilen auch monströsen Premierenshow bleibt lediglich ein recht mittelmäßiger Gangsterfilm über, der, wie schon oft gehabt, die Aufspürung eines Rauschgiftgroßhändlers zum Inhalt hat, lediglich mit dem einen Unterschied, daß nicht wackere Interpol-Agenten, sondern UNO-Agenten den Großgangster verfolgen, gleichsam halbamtliche Beamte, die sich auch der Unterstützung örtlicher Polizeistellen erfreuen können. Die Sichtbarmachung der verheerenden Geißel Rauschgiftsüchtigkeit blieb der Film schuldig, was ihn seines ethischen Wertes so ziemlich beraubt. Überhaupt verliert sich sehr bald das eigentliche Anliegen des Films, ebenso wie die meisten Stars, die oft nur in Minutenepisoden auftauchen und dann für immer verschwinden. Und das rückt den hochgespielten Film beträchtlich in die Nähe der Spekulation, zumal auch seine Handlung merkwürdig unorganisch ab- roilt. Ob dieser Film demnach überhaupt Wesentliches und Gültiges über Sinn und Wert der UNO-Welt- organisation aussagt, bleibe dahingestellt. Dazu wäre mehr fundierte Sachlichkeit und eine tiefere Aussage vonnöten gewesen als die Binsenweisheit; daß Rauschgiftgenuß die menschliche Persönlichkeit zerstört. Zu dem Premierenrummel aber überdies kostspielige Weltreisen von Stars und Starlets zu arrangieren, die zum Teil mit dem Film überhaupt nichts zu tun haben, sondern lediglich einen Luxusrahmen für die Veranstaltung abgeben sollten,
scheint als bedenkliches Unternehmen, hält man sich vor Augen, daß diese Millionenkosten ja bekanntlich vom Reingewinn abgezogen werden. Hat man da nicht allzu generös in die Tasche gegriffen, nur um eine Premierenshow aufzuziehen, die sich nur zu einem bescheidenen Teil bezahlt machen kann, wenn sich der Bluff herumgesprochen hat?
Die ohne Pomp angelaufenen Filme der Woche zeigen mitunter stärkere Wirkungen, wenngleich auch viel Pessimismus sichtbar wird wie etwa in der deutsch-italienisch- französischen Koproduktion „Ich habe sie gut gekannt“. Regisseur Antonio Pietrangeli schildert ein junges Mädchen, das sich dahintreiben läßt, bis schließlich die ganze Sinnlosigkeit des ungezügelten „süßen Lebens“ offenbar wird und auch keine Kraft mehr vorhanden ist, sich endlich aufzuraffen zu einem vernünftigen Leben. Resigniert gibt sie auf und stürzt sich vom Balkon ihrer Wohnung, weil sie nie erfahren konnte, was das Leben wirklich sinnvoll macht, weil sie es vielleicht auch nie erfahren wollte. Manche Überdeutlichkeiten des Films, seine gefährlich verführerische Melancholie könnten von der heilsamen Erschütterung ablenken; der reifere Besucher wird jedoch die bedauernswerte Armseligkeit dieser Irrwege erkennen können.
Ein weiterer italienischer Film, „Die Nächste — bitte!“, versucht es auf hedter-frivole Weise. Ugo To- gnazzi ist nicht nur der Hauptdarsteller, sondern auch Regisseur des Films und findet köstlich-humorvolle Töne, wenngleich sich auch dieser Film in das offenbar unvermeidliche Milieu der Halbwelt begibt Ob es im Alltag von heute nicht doch auch Leute gibt die nichts mit Dirnen und Zuhälter zu tun haben?
In dem französischen Farbfilm „Fantomas gegen Interpol" treibt wieder Jean Marais sein Unwesen, doch die Parodie auf Superverbrecher- und Superagentenfilme fiel nur sehr matt aus, weil trotz Aufwand und Stardarsteller der Humor nur sparsam und die Phantasie nur bescheiden strapaziert wurden.
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