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Volksoratorium, Troerinnen

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Zwei musikalische Ereignisse, die Aufführung des Volksoratoriums „Hymnen an den Herrn“ von Wilhelm Jerger und die Premiere der Oper „Cosi fan tutte“ von Mozart, waren die hervorstechendsten musikalischen Ereignisse der letzten Woche. Die Musikdirektion Linz nahm den 65. Geburtstag des Direktors des Linzer Bruckner-Konservatoriums zum Anlaß, sein Oratorium in einem Festkonzert aufzuführen. Mit bemerkenswerter Einsatzfreuae waren an diesem Konzert der exzellent singende Kammerchor des Konservatoriums, verstärkt durch die Evangelische Kantorei, die Florianer Sängerknaben und das Bruckner' Orchesters beteiligt. Unter den Solisten vortrefflich Margarethe Palm und Gertrud Schulz und in einer kleineren Partie Friedrich Ofner. Es war Rückschau und Auseinandersetzung, gestützt auf einen großen sinfonischen Apparat des spätromantischen Orchesters mit alternierenden Singstimmen. Jerger geht dabei ganz eigene Wege, indem er zu barocken Elementen solche des Impressionismus und expressiven Ausdruck dazu-treten läßt. Die etwas zu vielen Effekte im Orchester standen einige Male dem eigentlichen Sinn des Werkes, der Demut, im Wege. Die zwischen beiden Teilen eingeschachtelten Orchestervariationen sind von der Erfindung und Instrumentation her eine kompositorische Leistung. Wilhelm Jerger am Pult sorgte für einen geschmeidigen und zugleich straffen Ablauf seiner Musik.

Am Landestheater wurde die zweite Opernpremdere mit Mozarts „Cosi fan tutte“ zum Abend heiter-ter Anmut. Am Pult waltete Kurt Wöss voll Wärme und Elastizität. Das vom Musikalischen her gegebene Niveau fand auch bei des neuen Opernspielleiters Fredrik Mirditas Regie seine Bestätigung. Sie zeigte das Spiel und gleichzeitig dessen leise ironische Brechung. Konzentriert, bei aller Sparsamkeit, war Hannes Raders Ausstattung. Die Sänger bemühten sich, mozartisch zu wirken, was vor allem der koloraturflinken Despina (Mary O'Brien) und dem Parlandosänger Hans TMttgen (Gugliemo) gelang. Heide Maria Ferch, Uta Schwappach und Hans Krotthammer ergänzten das

Ensemble recht gut, ohne besonders hervorzustechen. Friedrich Rosendorffs voluminöser Baß war der Parlandogeläuflgkeit nicht immer gewachsen. Bert Rudolf •k

Als erstes Stück in der Reihe des modernen Problemtheaters, jetzt „Forum der Zeit“ genannt, bringen die Linzer Kammerspiele die „Troerinnen“ des Euripides, jedoch nicht in der klassisch anmutenden Nachdichtung von Franz Werfel, sondern in der Bearbeitung von Jean Paul Sartre im Kolorit unserer Zeit und Sartres nihilistischer Einstellung. Darstellerisch ist die Aufführung unter der bewährten Regie Hasso Degners perfekt, ausgenommen die etwas mangelhafte Präzision bei der Rezitation der Ghor-stellen. Regie und Bühnenausstattung von Heinz Köttel mit den zahlreichen Projektionen sind auf Sartres Bearbeitung eingestellt Doch ragt aus dem Ensemble die echt tragische Gestalt der Hekutoa heraus, ganz im Sinne des Euripides dargestellt, nein gelebt, von Elfriede Gollmann. Sie ist nicht das Opfer der Sinnlosigkeit der Welt, wie Sartre es sieht. Angesichts der Vernichtung ihrer Stadt Troja und im Übermaß des persönlichen Leides bricht sie nicht zusammen, sondern ist entschlossen, den ihr auferlegten Weg bis zum bitteren Ende zu gehen, Wort und Gestik sind vorbildlich aufeinander abgestimmt. Auch Christa Schwertfeger als Kassandra und Karin Mitterhauser als Andro-mache vermögen zu erschüttern. Dies gilt auch noch für Berti Halovanic als alte Troerin und Chorführerin, während Lore Johannsen als zweite Chorführerin farblos bleibt. Hubert Mann als Talthybios und Friedrich Grossart als Menelaos wissen mit den von Sartre zwielichtig angelegten Rollen nicht viel anzufangen. Maria Falkenhagen gibt eine kokette, ihrer Sache sichere Helena. Georg Matthes und Isabella Ott spielen gewandt und elegant Poseidon und Pallas Athene mit dem von Sartre verlangten Zynismus. Der starke Beifall des Premierenpublikums galt eindeutig mehr dem Spiel als dem Stück, besonders den Hauptdarstellern.

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