6783758-1970_03_14.jpg
Digital In Arbeit

Witz und Ironie

Werbung
Werbung
Werbung

Nach einer sehr geschlossenen Aufführung von Dürrenmatts „Plaj Strindberg“ in der glasklaren marionettenhaft stilisierten Box-kampf-Inszene Michael Hampes stattete Fritz Zecha den Vereinigter Bühnen Graz wieder einmal einer Besuch ab, bevor er dann im nächsten Jahr das neue Amt des Schauspieldirektors übernimmt. Er brachte abermals (nachdem er vor etlicher Jahren Brendan Behans „Geisel“ gezeigt hatte) ein irisches Stück nach jraz, und zwar Sean O'Caseyt „Juno und der Pfau“. Dies ist eines ier frühen Werke O'Caseys und — m Gegensatz zu späteren Arbeiten — völlig konventionell gebaut, ja :ast im Stil einer naturalistischen •'amilientragödie, nur durchwoben nit drängender sozialrevolutionärer rendenz, wobei der Autor mit den Wittein der Ironie und desillusionie-■enden Komik für eine menschli-here Welt und mehr Gerechtigkeit ;intritt. Vor dem Hintergrund des rischen Bürgerkrieges der frühen :wanziger Jahre heben sich die Charakteristika des Volkes auf der n-ünen Insel und seiner unverwech-elbaren Typen in scharfen Kontuen ab.

Jechas Inszenierung überbot beiiahe die von ihm gewohnte Qualität ind gab Anlaß zu interessanten fergleichen dieser Premiere mit der venige Tage darauf gesendeten 'ernsehfassung des Stücks: über-aschende Vergleiche nämlich, weihe die künstlerische Persönlichkeit 'ritz Zechas in ein helles Licht loben: durch seine Fähigkeit, Atmosphäre zu schaffen, seinen nusischen Sinn insgesamt, den er während seiner Hannoveraner 'ätigkeit durch Härte und noch grö-lere Exaktitüde ergänzen konnte. )er Abend mit O'Casey erweist sich edoch auch als Offenbarung großer Ichauspielkunst. Das Gastspiel von 'tili Breidenbach als Juno kann als Glücksfall genommen werden, denn ie ist ein künstlerisches Ereignis nd gehört ganz ohne Zweifel zu en großen Menschengestalterinnen nserer Zeit. Aber auch die anderen titwirkenden — Hannes Schütz, 'ritz Holzer, Branko Samarovski — un das Ihre, dem Abend ein so be-chtliches Niveau zu verleihen, m Grazer Opernhaus konnte

• Lortzings „Zar und Zimmermann“ ' nicht ganz beglücken, denn ziemlich i unbeholfenes Heruminszenieren mit verkrampfter Komik fügt — gerade bei einer Spieloper — auch einem musikalisch starken Abend eher Schaden zu.

Wesentlich besser war da der Eindruck der Premiere von Puccinis „La Boheme“. Wieder einmal konnte man sich freuen über Edgar Seipen-buschs musikalische Leitung, über den transparenten Orchesterklang, den er den Grazer Philharmonikern abgewinnt, über die Harmonie, zu der er Stimmen und Instrumente zu führen vermag, über das Format, das er einem Opernabend gibt. Was die Regie angeht, so gab es gute alte „Boheme“, durchwegs im konventionellen Regiestil von Wolfgang Bständig. Auf derselben Linie liegen auch die Dekorationen von Gottfried Neumann-Spallart, von denen am ehesten das dritte Bild gefällt. Sängerische Leistungen, die sich hören lassen können, machen aus der Aufführung einen repräsentativen Puccini-Abend: Josi Maria Perez fand mit Recht großen Anklang. Man merkt ihm an, daß er sich nun die Rolle des Rudolf (seit der letzten Grazer „Boheme“) auf bemerkenswerte Weise angeignet hat. Neben ihm bewährte sich aber auch Althea Bridges, die eine schöne, recht dramatische Mimi sang.

• Leherbs surreales Traumspiel „Pater noster“, das in Wien im Theater im Palais Erzherzog Karl uraufgeführt wurde, kommt im März im Münchner Off-Off-Theater und anschließend in Paris und Bonn heraus. Im Herbst wird es in New York gemeinsam mit einer Leherb-TV-Show und einer Gemäldeausstellung gezeigt. Große Leherb-Retrospekti-ven finden heuer in Paris, Brüssel und Rom statt.

• Die von Reinhart Spörri inszenierte Aufführung „Maria Stuart“ brachte dem Theater für Vorarlberg einen neuen Besucherrekord: 16 Vorstellungen wurden von 8723 Zuschauern besucht. Das ergibt einen Durchschnitt von 545,2 Besuchern pro Aufführung (bisher bester Durchschnitt bei „Hamlet“ 1968/69: 508,8 Besucher).

• Die 20. Nobelpreisträgertagung wird vom 29. Juni bis zum 3. Juli 1970 in Lindau veranstaltet. An den 19 Tagungen seit 1950 haben nach Angaben von Graf Bernadotte mehr als 300 Nobelpreisträger aus allen Teilen der Welt und m den letzten Jahren auch aus dem Ostblock teilgenommen.

• Henri Langlois, der Direktor der Pariser Cine'matheque, übernimmt den Lehrstuhl für Film, der im Herbst an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Sorbonne eingerichtet wurde.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung