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Darstellung — Selbstdarstellung

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In einem gemeinsam von der Musikalischen Jugend mit dem ORF veranstalteten Konzert dirigierte Bruno Maderna das ORF-Orchester zu drei österreichischen Erstaufführungen moderner Komponisten, zwischen denen wie ein Klassiker das „Konzert für Klavier und Orchester'“, op. 42, von Arnold Schönberg stand. Tatsächlich in seiner Form der Tradition nahe — die vier Teile der Symphonie setzen sich deutlich voneinander in dem einsätzigen Werk ab — ist es trotz strengster Zwölftontechnik auch klanglich dem traditionellen Empfinden näher und man schließt aus der Vollgriffigkeit in der Behandlung des Klaviers auf Brahmsische Beziehungen. Die sehr ausgewogene Wiedergabe riß besonders durch die solistische Leistung Alfred Brendels selbst die ältesten Schönbergianer zur Begeisterung hin. — Voran ging die „Robert-Browning-Ouverture“ von Charles Edward Ives (1874 bis 1954), ein Werk, das zunächst durch die krasse Gegenüberstellung von Fortissimo und Pianissimo auffällt, in seinem Ablauf aber aus der Mischung von konventionellen und völlig neuartigen Klängen ein interessantes Profil gewinnt.

„From here“ von Barle Brown besteht aus 15 Teilen, von denen jeder einer Reihe von Instrumenten Spielanweisungen gibt: Angaben über Klänge, graphische Andeutungen, die den Ausführenden größtmögliche Freiheit lassen. Eine solche Technik bedeutet jedoch, daß es keine zwei gleichen Ausführungen des Werkes geben kann. Die Musik ist hier kein abgeschlossenes Kunstwerk, sondern ein sich immer neu gestaltender Prozeß, darin nicht die Klänge, sondern ihre Entstehung wesentlich erscheint. Brown gehört der jüngeren Komponistengeneration an. Er wurde 1926 in Lunenburg (Massachusetts) geboren.

Bruno Madernas „Quadrivium“ hat bereits eine große Erfolgsserie in Europa und Amerika nachzuweisen. Der 1920 in Venedig geborene Komponist, als Dirigent moderner Musik längst von internationalem Ruf, geht als Komponist vom Phänomen des Klanges aus, der an sich zur Funktion wird. Aleatorische Partien wechseln mit genauestens notierten, oft polyphonen. Vier Schlagzeugsolisten und vier Orchestergruppen bedingen schon räumlich klangliche Variierungen. Nach dem erreichten dramatischen Höhepunkt verklingt das Stück im Pianissimo der Geigen. — Dirigent und Orchester boten konzentrierteste Leistung und ernteten für die fein differenzierten Darstellungen verdienten Beifall. Franz Krieg *

Zdenek Macal, der in Wien rasch zu Lorbeeren gekommene junge Dirigent, leitete im Zyklus „Vorwiegend Haydn“ im Konzerthaus die Symphoniker. Unverständlich, was passiert ist, daß neuerdings seine Dirigiersitten derart „verwildert“ wirken. So war für ihn etwa Haydns Es-Dur-Symphonie „mit dem Paukenwirbel“ lediglich ein Anlaß, sich in selbstgefälliger Show zu präsentieren. Ein Exkurs durch die Kunst der Selbstdarstellung. Daß in dieser Wiedergabe Tempi bald verschleppt, bald zu forciert gerieten, daß den dynamischen Verhältnissen jede Ausgeglichenheit fehlte und die Farbvaleurs oft recht mutwillig ausgespielt wurden, störte ihn nicht. Prokofjews „Fünfte“ von 1944 mit ihrem lärmenden Parteitagsglanz und den pompösen Entladungen kamen da seiner Selbstdarstellung viel eher entgegen. — Zvi Zeitlin geigte Carl Goldmarks a-Moll-Vio-linkonzert: ein sinnlich leuchtendes dreisätziges Werk, in dem klassische Konzertproportionen und die dekorative Eleganz des Zeitalters Kaiser Franz Josephs eine beachtliche Synthese erleben. Zeitlin bewältigte die schwelgerischen Kantilenen und Bravourpassagen mit Eleganz, weich singendem Ton. Die Symphoniker hielten sich einen Abend lang tapfer, gelegentlich sogar gegen die Eigenmächtigkeiten Macals.

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