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Der Himmel auf dem Dach

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Wieder hatte das Salzburger Stia-ßentheater im Lehener Park Premiere, ehe sich der Vorhang \ or der ersten Aufführung der Salaourger Festspiele hob. Diese Einrichtung, von Oscar Fritz Schuh erdacht und im Rahmen der Salzburger Kulturvereinigung durchgeführt, erfreut sich großer Beliebtheit. Neunzehn Aufführungen sind in der lautenden und nächsten Woche an verschiedenen Stellen der Stadt vorgesehen, jeder kann da gratis zusehen.

Diesmal wird unter Schuhs Regie ödon von Horv&th gegeben. Horvsth

auf dem Pawlatschenwagen, auf den paar Quadratmetern der heruntergelassenen Seitenwand als Spielfläche? Kann das gutgehen? Die Bühnenbildnerin Ursula Schuh hat die Himmelsregion auf das Dach verlegt, angedeutet durch gemalte Wolken auf der Geländerfläohe. Und die irdische Welt, das Theater, in dem die Hauptgestalt Luise als Sängerin lange nicht ankommt und erst nach einem Pakt mit dem Teufel große Karriere macht, dieses Theater und die Hölle befinden sich im geringen Bereich des Wagens eng nebeneinander.

Also Teufelsmachenschaften bedingen beim Theater Erfolg — auch der Intendant ist ein Teufelspaktier i— und Luise verliert die Stimme, lails der Teufel den Pakt zerreißt, um Anwartschaft auf den Himmel zu Ihaiben. Das ist ja nun doch ein Hauptspaß. Und wird es in der Wiedergabe. Dietmar Schönherr als höllisch lächelnder, genießerisch teuflischer Teufel und auf dem Dach des Wagens der behäbige Volksschau-spieler Hugo Lindinger als St. Petrus haben 'das Publikum für sich. Franzi Tilden ist eine nette und dann starhafte Luise, Curth A. Tichy ein zunächst unnahbarer Intendant, Gerhart Lippert ein versoffener Hilfsregisseur, Peter Uray ein wendiger Vizeteufel. Die Musik von J. C. Knaf-litsch erinnert an Leierkastenmusik.

Setzte der Regen während der Stra-ßentheaterpremiere aus, so daß sie stattfinden konnte, mußte die erste Wiederaufführung des „Jedermann“ von Hugo v. Hofmannsthal in der von Ernst Haeusserman erneuerten Max-Reinhardt-Inszenierung in das Große Festspielhaus verlegt werden. Das Erlebnis ist da ungleich geringer. Das Publikum sitzt nicht vor der großartigen hohen Domfassade, die optisch das religiöse Geschahen beherrscht, es gibt nicht den gewal tigen, gleichsam bis zum Himmel reichenden Spielraum, die Zuschauer sind nicht schlichte, sozusagen armselige Erdenbürger, die zu den hohen Bereichen aufblicken. Die geistige Dimension wird auf der breiten Treppenanlage unter ihnen erheblich verringert, da mag noch so laut irgendwo aus dem doch viel kleineren Theaterraum nach Jedermann gerufen wenden.

Die Besetzung ist die gleiche wie im Vorjahr, nur Thomas Fritsch spricht heuer die paar Worte des Spielansagers. Der Einwand gegen Curd Jürgens als „Jedermann“ besteht weiter, gegen seine heiser-rauchige Stimme, gegen sein Alter, das fast weiße Haupt. Doch wirkt er auch in dieser Rolle durch die Kraft seiner Persönlichkeit. Senta Berger ist wieder wirksam die Buhlschaft, die achtzigjährige Adrienne Gessner, an Frieda Richard gemahnend, ergreift als Jedermanns Mutter. Der entscheidende Satz von der lohenden Feuerkraft der Reue sollte nicht wieder fehlen.

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