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Der Platzanweiser

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Eigentlich kann ich es mir in meiner gegenwärtigen Situation ja gar nicht leisten, für DIE FURCHE zu schreiben. Aber dies hier muß sein, aus Dankbarkeit. Weil ja ein FURCHE-Beitrag vor zwei Jahren ' am Anfang meiner höchstpersönlichen Konjunktur stand: jener über die sorgsam plazierten Produkte in den aus Amerika importierten Fernsehproduktionen.

In „Denver“ waren und sind sie selbstverständlich, und aus der

„Schwarzwaldklinik“ sind sie in der Zwischenzeit auch nicht mehr wegzudenken: die Nobelkarossen mit den untrüglichen Erkennungszeichen, die Edelbeklei-dungsstücke mit den Designer-Schriftzügen, die jeder erkennt.

Und was es sonst noch so alles an Produkten gibt, für deren kameragerechtes Heranrollen, Anheften und Hinhängen ein eigener Berufsstand zuständig ist: die ehrenwerte Gesellschaft derer vom „product placement“.

Ich berichtete damals über die sagenhaften Berufserfolge der professionellen Platzanweiser flugs meiner lieben Ida, die bis dahin noch an den blinden Zufall geglaubt hatte, wenn sie an einem Fernsehkind just das Leiberl mit dem charakteristischen Marken-Schweinderl entdeckte, das sie um allzu teures Geld erworben hatte.

Ida bewies auch in diesem Falle ihren Sinn fürs Praktische. Sie erkannte unverzüglich eine neue Berufschance von ungeheurem Karrierepotential. Das war der Beginn meiner Laufbahn als erster österreichischer Produkt-Platzwart.

Sie begann österreichisch: nichts ging, nichts klappte, nichts war zulässig. Als mir endlich nach einer oberstgerichtlichen Entscheidung der Gewerbeschein für Professionelle Plazierungsberatung ausgestellt wurde, hatten ausländische Profis bereits alle freien Plätze in Funk und Fernsehen belegt.

Das Fußballfeld im Oststadion war längst mit widerstandsfähigem „Betongras“ eines internationalen Rasen-Konzerns bepflanzt worden. In den gängigen Volksmusikserien ließ sich nicht einmal mehr eine Maultrommel oder ein Triangel des renommierten japanischen Musikhauses „Sonijamma“ unterbringen.

Die Verantwortlichen des Seniorenclubs lächelten nur müde, als ich dem Club-Ober mein Ge-riatricum „Asenilicum forte plus“ aufs Tablett legen wollte: dessen zulässiges Beladungsgewicht war längst überschritten.

Mein Versuch, einem Nachrichtensprecher, einem Moderator, wenigstens aber einem Redak-teur-im-Studio eine von mir pla-zierungsbetreute Krawatte umzubinden, wurde mit dem Hinweis abgeblockt, daß die nächsten freien Hemdkragen etwa im Jahr 2034 zur Verfügung gestellt werden könnten. Ich sollte mich in eine Warteliste eintragen.

Selbst den Haarlack meines größten Auftraggebers konnte ich nicht auf Fernsehdamen-Köpfe verspritzen. Auf den dort bereits klebenden drei Schichten hielt keine vierte.

Natürlich erwiesen sich auch meine Versuche, neue Wassergläser in Diskussionsrunden einzuschleusen und Mundsprays für Interviewer zu plazieren, als Flop. Die Wiener Wasser-Glas-Werke und der Idol-Konzern hatten bis zur Jahrtausendwende fix abgeschlossen.

Da kam mir die vorletzte Idee: Make-up für Politiker, natürlich in allen gewünschten politischen Farben, Kopfbedeckungen für befragte Menschen auf der Straße, Wolken für die Wetterberichte und Ziffern für die Lotto-Toto-Berichte, Fußkettchen für Tele-Tenniscracks. Hoffnungslos: alles längst und auf Dauer plaziert.

Aber schließlich hatte ich es. Irgend jemand mußte doch auch für die so nützlichen Produkte in den Katastrophennachrichten aus aller Welt zuständig sein: für die Schlagstöcke und Wurfgeschoße, die Stahlhelme und Schutzschilde, die Panzer und die Raketen, den Stacheldraht und die Wachtürme.

Und ich fand es heraus. Wer das ist? Ich bitte Sie, ich habe Ida und die Kinder zu versorgen - aber daß ich nicht vergesse: dieser FURCHE-Beitrag wurde auf Windmühle-de-luxe-Papier mit einer Tippiflott-Transport-Kof-ferschreibmaschine...

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