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Die erste Konzertwoche

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Hatte schon der 1. Abend unter Georg Solti die ausgezeichneten Qualitäten des Chicago Symphony Orchestra erkennen lassen, so erfuhr der Gesamteindruck von der Leistung dieses exzeptionellen Klangkörpers noch eine weitere Steigerung, als Carlo Maria Giulini, ein italienischer, mit hyperromantischem Gefühl und stürmischem Brio ausgestatteter Furtwängler-Typ, in einem zweiten Konzert 4 Sätze aus Berlioz’ dramatischer Symphonie „Romeo und Julia“ dirigierte, unter denen das Scherzo „Fee Mab“ und „Fest bei Capulet“ wahre Kabinettstücke erlesenster Interpretation darstellten. Als Giulini dann noch ein kaum zu erwartendes Plus bei

Strawinskys „Feuervogel-Suite“ herausdirigierte, hatte ein darauffolgender, schon lange im Musikvereinssaal nicht mehr so stürmisch erlebter Publikumsjubel zur Folge, daß eine Zugabe, Rossinis „Semiramis- Ouverture“, fast selbstverständlich schien. Wenn Haydns „Paukenschlag-Symphonie“ (in allzu großer Besetzung gespielt) nicht den gleich hohen Interpretationsgrad der übrigen Programmnummern erreichte, so konnte man dies inmitten der übrigen Positiva in Kauf nehmen.

Im Vergleich zu solchen Giganten wie die Chicago-Symphoniker mutet das Prager Kammerorchester wie ein

Miniklangkörper an. Wenn aber an den Pulten solche, den fehlenden Dirigenten in sich spürende Vollblutmusiker wie diese tschechischen Künstler sitzen, ist man gleich überzeugt, daß die Qualität des Musizierens durchaus nicht von der Größe der Besetzung abhängt. Mit disziplinierten Streichern, todsicherem Blech und weichem Holz versehen, ließen die. Prager der mit italienischer Gesanglichkeit ausgestatteten D-Dur-Symphonie Mozarts (KV 133) die nötige Leichtigkeit und Musizierfreudigkeit zukommen. In Haydns Trompetenkonzert Es-Dur legte die von einem Auftreten in den Arkaden her bestbekannte amerikanische Trompetenvirtuösin Carola Reinhart Proben ihres technisch fulminanten Spiels ab, hinreißend in dem mit Schwierigkeiten gespickten Allegro-

Finale. Ein Kabinettstück die Begleitung des Orchesters.

Ganz zu Hause — im wortwörtlichsten Sinn — waren die Prager bei Dvoräks „Böhmischer Suite“, op. 39, wo sie sich in der Romanze, noch mehr aber in der Polka und im Kuriant selbst übertrafen. Der Große Musikvereinssaal dröhnte von Zugaben forderndem Applaus.

Das Kommen und Vergehen der Wiener Streichquartette ist in ein neues Stadium getreten: Das Weller- Ensemble hat seine Produktionen leider eingestellt, ein Alban-Berg- Quartett bereitet einen Zyklus im Schubertsaal vor. Diese neue, unter der materiellen Starthilfe der Ersten österreichischen Spar-Casse zustan- degekommene Kammermusik-Vereinigung, die sich aus den Herren

Pichler, Maetzl, Beyerle und Erben zusammensetzt und in erster Linie für das Schaffen Alban Bergs und der seinem Kreis zugehörigen Komponisten eintritt, legte in einem Präsentationskonzert im Festsaal des Bankinstitutes Proben eines schon jetzt vorzüglichen Zusammenspiels bei Bergs Streichquartett op. 3, zweiter Satz, ab. Auf Grund eines Stipendiums hatten die vier jungen Künstler ein Jahr lang Gelegenheit, in Amerika in ausgiebigen Vorarbeiten unter der Aufsicht des weltbekannten La-Salle-Quartetts sich auf ihr künftiges Wirken vorzubereiten und in vielen College-Aufführungen Erfahrungen — namentlich in dynamischen Fragen — zu sammeln. Nach dem Gehörten ist dem Ensemble eine gute Erfolgsprognose zu stellen.

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