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Zölibat und Ehe
Die überaus interessante „Diskussion um den Zölibat“ („Furche“, Nr. 25/1966 und Nr. 32/1966) ruft auch den Laien auf den Plan. Dies aber nicht nur, weil auch wir Laien uns des öfteren Gedanken über die Problematik des Zölibats machen, sondern weil in den bisherigen Diskussionsbeiträgen auch Fragen der Ehe berührt wurden.
P. Schrott bezeichnet in seinen Artikel („Furche“, Nr. 25/1966) die Ehelosigkeit und vollkommene Keuschheit als eine „Gnadengabe für den, der sie erhalten hat“ und sagt, daß es dazu „einer Berufung von oben“ bedürfe. Damit hat er sicher recht. Es erhebt sich aber sofort die Frage, ob man die „Berufung zur vollkommenen Keuschheit“ und die „Gnadengabe“ — beide gehen von Gott aus — für einen bestimmten Beruf einfach durch Gesetz regeln und zur Pflicht machen darf, noch dazu, wenn die dazu „Berufenen“ den Zölibat „in den seltensten Fällen als Ideal gewählt haben, sondern nur als ein notwendiges Übel in Kauf nehmen“ (Bauer- Schwarz, „Furche“, Nr. 32/1966). Vielleicht sollte der Zölibat nur empfohlen werden für jene, „die es fassen können“ (Mt. 19, 12), und es wird sicher genug Priester geben, die freiwillig unverheiratet bleiben. Den anderen aber möge der Weg in die Ehe ermöglicht werden, denn „es ist besser, zu heiraten als zu brennen“ (1. Kor. 7, 9). In diesem Zusammenhang darf an jene Fälle der letzten Jahre erinnert werden, in denen verheiratete Pastoren mit Erlaubnis des Papstes zu katholischen Priestern geweiht wurden. Es ist zu hoffen, daß diese päpstlichen Entscheidungen als erster Schritt in Richtung auf eine Reform der Zölibatsbestimmungen angesehen werden können. Jedenfalls scheinen mir „der Grund von Gewohnheit und Gesetz“ (P. Schrott) nicht ausreichend, um eine derartige Forderung, wie es die nach dem Zölibat des Priesters ist beibehalten zu müssen. Es sollten dabei auch die Zeiterfordernisse der Seelsorge berücksichtigt werden.
Was die „besondere Berufung zur Ehelosigkeit“ betrifft, muß gesagt werden, daß man auch zur Ehe „von oben berufen wird“ und daß es auch zur christlichen Ehe einer Gnadengabe bedarf. Der bekannte Moraltheologe P. Häring spricht sogar von einer „gewissen Einseitigkeit, wenn man hauptsächlich oder ausschließlich im Priester- und Ordensstand eine besondere religiöse Berufung sieht“ (P. Häring, Ehe in dieser Zeit, Otto-Müller-Verlag, Salzburg, S. 512).
Als eine der „Ursachen der modernen Zölibatsproblematik“ nennt P. Schrott ,;die große Aufwertung, die die Ehe und eheliche Partner schaft erfahren haben“ („Furche“, 25/1966). Das mag vielleicht auch stimmen. Diese „Aufwertung der Ehe“ bedeutet aber ein Neubesinnen auf das tiefere Wesen der Ehe.
Es darf offen ausgesprochen werden, daß die Ehe, die doch durch Christus selbst ihre größte Aufwertung erfahren hat, allzulange abgewertet wurde. Dazu hat auch die Ehezwecklehre des kirchlichen Gesetzbuches (CIC) beigetragen.
Es wird sicher noch lange dauern, bis diese Neubesinnung überall spürbar sein wird, aber schon jetzt ist vielen Menschen mehr als früher die beglückende Gewißheit gegeben, daß „die Ehe von Gott als Liebesstand gewollt ist“ (J. M. Reuss, Geschlechtlichkeit und Liebe, Mainz 1962).
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