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Echte Christen sollen es sein

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Der österreichische Entwicklungsdienst (OED) ist eine Organisation der katholischen Kirche. Er ist aus dem Angebot an die Dritte Welt im Rahmen des Welt- und Missionsauftrages der katholischen Kirche nicht mehr wegzudenken.

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Der österreichische Entwicklungsdienst (OED) ist eine Organisation der katholischen Kirche. Er ist aus dem Angebot an die Dritte Welt im Rahmen des Welt- und Missionsauftrages der katholischen Kirche nicht mehr wegzudenken.

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Seine Verdienste und Erfolge — das Ausmaß der Klimaverbesserung, die Atmosphäre der Verbrüderung — kann niemand ermessen. In den über 20 Jahren seines Bestehens hat der ÖED viele hundert begeisterte und einsatzfreudige junge Menschen in über hundert Länder der Welt geschickt.

Die allermeisten sind persönlich gereift, sie haben mit ihrem Einsatz dem Gastland, der Kirche und der Heimat größte Verdienste

Der Entwicklungshelfer kommt als junger Mensch, ohne besondere Ausbildung (was nicht seine Schuld ist), in eine total fremde Kultur. Der Missionar weiß: ich habe Zeit, ich bleibe hier, ein Leben lang! Er läßt sich auf diese Menschen ein, denn er will ja ein Leben mit ihnen wagen.

erworben. Dieses Lob und diese Anerkennung ist ohne Abstrich mit dem Satz zu verbinden: Der ÖED muß weiterbestehen!

Auf der Kehr- und Schattenseite stehen zu Buche, daß einige untaugliche Schwärmer sich überfordert haben und als gebrochene, enttäuschte, mit sich, der Kirche und der Welt gestörte Menschen zurückgekommen sind. Das gibt es überall, auch wenn der Schaden, den sie dort und hier anrich- ten, sehr groß ist.

Doch in diesen 20 Jahren hat sich die Situation der Dritten Welt entscheidend verändert. Geblieben sind die große Armut, die politische Instabilität, die kulturelle Unsicherheit und damit der unerschöpfliche Bedarf an der Hilfe, wie sie der ÖED liefert. Doch geändert hat sich vieles.

Die Mission und die Missionsarbeit der Kirche ist nicht, wie viele meinen, überflüssig oder gar schädlich geworden. Geändert hat sich grundlegend der Stil der Mission. Der Missionar ist nicht mehr Herr, er ist Bruder und Helfer, Ratgeber bei der Inkulturation der katholischen Kirche in die neuen Kulturen und Staaten.

Geändert haben sich auch die Verhältnisse. Viele Staaten haben eine junge Elite, haben aber auch bereits Akademikerschwemme und Arbeitslosigkeit. Diese Veränderungen muß auch der Entwicklungsdienst berücksichtigen. Es bedarf der Behutsamkeit, des Fingerspitzengefühls, um die Mentalität der Völker zu verstehen, und zu dienen, statt subtil zu beherrschen.

Auch der ÖED ist in diese rasante Entwicklung mit hineingezogen. Wie der Missionar hat auch der Entwicklungshelfer seine Be deutung nicht verloren, sie ist eher gewachsen, sie hat sich aber auch gewandelt. Wandlungsprozesse sind schwer und tun weh. Der ÖED wird gut daran tun, diese Entwicklungen mitzuvollziehen.

Diesem Anliegen sollen diese grundsätzlichen Überlegungen dienen. Sie sind aus der Sicht von über 20 Besuchen in West- und Ostafrika — und nur Afrika — und eines intensiven Studiums der Probleme entstanden. Diese Einschränkung ist deshalb so wichtig, weil die Probleme aus der Sicht Asiens und Amerikas wohl anders aussehen.

Drei unerläßliche Voraussetzungen müssen ein Missionar und ein Entwicklungshelfer haben: ein gültiges Ideal, eine tragende Gemeinschaft, die Kontinuität.

• Ein gültiges Ideal: Mission und Entwicklungshilfe haben denselben Mutterboden — das Heil und die Liebe, die uns von Gott in Christus zuteil geworden sind. Diese sind eine einmalige Chance zur Lebensgestaltung für den einzelnen und die Gemeinschaft. Wer reich ist, muß schenken, eine nichtmissionarische Kirche ist keine Kirche.

Darum braucht auch der Entwicklungshelfer als Grundvoraussetzung seiner Tätigkeit das christliche Welt-, Lebens- und Menschenbild. Das heißt nicht, daß ein Entwicklungshelfer nicht auch einen guten Schuß Abenteuerdrang, Wunsch nach Welterfahrung, Freude an der Prüfung seiner Kräfte und Fähigkeiten haben darf und soll. Gefährlich würde und wird es dann, wenn verborgene psychische Fehlhaltungen — manchmal auch religiös verbrämt -, unhaltbare Ideologien, vor allem aber Flucht vor der eigenen Situation die Motive sind. Viele Katastrophen haben hier ihre Ursachen.

Von einem Entwicklungshelfer muß man erwarten können, daß auch in seinem Tun dieses Leitbild immer wieder durchschimmert. Gediegene charakterliche Reife und berufliche Tüchtigkeit kommen dazu. Sonst ist es unver meidlich, daß gebrochene Menschen zurückkommen, die oft versucht sind, ihr eigenes Fehl verhalten der Kirche anzulasten. Das heißt für den ÖED: noch bessere Auswahlsprinzipien und Strategien bei der Wahl der Kandidaten und eine gediegene, auch religiöse Vorbereitung.

Christen müssen mittun

Der Entwicklungshelfer aber muß kommen und sagen: Ich habe bloß drei Jahre Zeit, was kann ich anderes tun, als mit meinen österreichischen Augen die Probleme sehen und ohne Kenntnis der Sprache, des Lebensgefühls, in dieses ungemein komplizierte Gebilde eindringen? Ob er da nicht manchmal mehr zerstört als aufbaut?

Die Katholiken Österreichs geben im Jahr rund 15 Millionen Schilling für den ÖED aus. Das Geld muß sinnvoll eingesetzt werden. Junge Menschen opfern ihre Gesundheit und drei Jahre ihres kostbaren Lebens. Sie müssen geläutert, gereift und froh zurückkehren.

Abschließend könnte man folgendes zusammenfassend sagen:

1. Die Kandidaten sollten wirklich Vertreter unserer christlichen Kirche sein. Solides fachliches Können, Festigkeit des Charakters, echte christliche Motive sind erforderlich.

2. Die gediegene Ausbildung der Kandidaten darf nicht durch linkslastige, oberflächliche Weltverbesserungstheorien verwässert werden. Es müssen christliche Grundsätze in der Ausbildung und in der Ausübung zum Tragen kommen.

3. Der Einsatz darf nur in Projekten geschehen, die einen fundierten Träger haben, der Kontinuität verspricht, in enger Anlehnung an die Mission.

Wir Christen Österreichs sind dringend gefragt, dabei mitzuhelfen.

Der Autor ist Pfarrer in Weer (Tirol) und aus ORF-Sendungen wohlbekannt.

• Die tragende Gemeinschaft: „Wehe dem Einsamen!” haben die alten Römer gesagt. Das gilt auch heute. Fragt man einen Missionar, was das Schwerste ist, dann wird er sicher sagen: die Einsamkeit. Aber Missionare haben ihre Häuser, sie sind verbrüdert, ver- schwestert, das bietet immer wieder das notwendige Gespräch. Die

Sorge durch die Gemeinschaft trägt sie.

Missionare sind immer und überall zu Hause. Ein Entwicklungshelfer ist immer in der Fremde, allein! Das ist eines der großen Probleme des ÖED.

Warum gehen die Entwicklungshelfer nicht viel mehr in die Nähe der Mission, daß sie in die Gemeinschaft dort aufgenommen werden können? Früher war der Bruder Missionar, die Schwester die unentbehrliche Hilfe des Missionars.

Der ÖED hat von Anfang an, obwohl von der Kirche getragen und finanziert, die Distanz zur

Mission gehalten. Es gibt sicher Projekte, wo das mit Recht zutrifft. Aber ich habe nie verstanden, warum man nicht mehr Nähe sucht. Ich halte es schlichtweg für eine Überforderung von jungen Menschen, daß man sie jahrelang in die Einsamkeit steckt.

• Kontinuität: Bischof Cavallera von Marsabit in Kenia hat gesagt: „Jetzt bin ich 47 Jahre hier in Kenia und ich weiß immer noch nicht, was ein Afrikaner ist.” Das sagt ein Priester mit jahrelanger Vorbildung, mit unablässigem Studium, nach so langer Zeit!

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