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EUROPA CANTAT

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Die Gründung und Entstehung der „Europa-Cantat“- Bewegung, obwohl erst etwa zwölf Jahre zurückliegend, ist schon ein wenig sagenumwoben. Bei einer Zusammenkunft am Rhein, beim Loreley-Felsen, sei der erste Gedanke dazu geboren worden, aber wann genau ist uns nicht überliefert Die offizielle Gründung wurde am 15. Mai 1960 in Genf von führenden Chorleitern aus sechs europäischen Ländern beschlossen. Zu ihnen gesellten sich bald die nationalen Verbände „A Coeur Joie“ (Frankreich) und der „Arbeitskreis Junge Musik“ (Deutschland). Und bereits im Sommer 1961 fand in Passau das erste Begegnungstreffen junger Chöre und Sänger statt Schon im Jahr darauf wurde der Bewegung eine rechtliche Grundlage gegeben, und 1966 wurde die EFJC, die „Europäische Föderation Junger Chöre“ in Rotterdam ordentliches Mitglied des Conseil International de la Musique, der seinerseits der UNESCO angehört.

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Die Gründung und Entstehung der „Europa-Cantat“- Bewegung, obwohl erst etwa zwölf Jahre zurückliegend, ist schon ein wenig sagenumwoben. Bei einer Zusammenkunft am Rhein, beim Loreley-Felsen, sei der erste Gedanke dazu geboren worden, aber wann genau ist uns nicht überliefert Die offizielle Gründung wurde am 15. Mai 1960 in Genf von führenden Chorleitern aus sechs europäischen Ländern beschlossen. Zu ihnen gesellten sich bald die nationalen Verbände „A Coeur Joie“ (Frankreich) und der „Arbeitskreis Junge Musik“ (Deutschland). Und bereits im Sommer 1961 fand in Passau das erste Begegnungstreffen junger Chöre und Sänger statt Schon im Jahr darauf wurde der Bewegung eine rechtliche Grundlage gegeben, und 1966 wurde die EFJC, die „Europäische Föderation Junger Chöre“ in Rotterdam ordentliches Mitglied des Conseil International de la Musique, der seinerseits der UNESCO angehört.

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Doch das ist nur der (notwendige) äußere Rahmen. Wichtiger sind die Sängerfeste, die eine immer stärker werdende Zahl von Mitsingenden und Zuhörern versammeln. So waren es 1964 in Nevers (Frankreich) 2800 Teilnehmer, und bei Europa Cantat III in Namur (Belgien) bereits 3500 Teilnehmer. Was will man hier, und was wurde bereits verwirklicht?

Die Europäische Föderation Junger Chöre hat sich zur Aufgabe gestellt, mit ihrer Tätigkeit im Rahmen der europäischen Integration zum gegenseitigen Verständnis der europäischen Völker — durch Kennenlemen ihrer Sprache, ihrer Musik und ihres kulturellen Lebens — beizutragen.

In ihrer Arbeit strebt die EFJC nach einer Leistung ihrer Amateurchöre, die jener der professionellen Chorvereinigungen gleichwertig sein soll. Sie bezieht dabei die Folklore ebenso ein wie die Versuche jüngerer und jüngster, auch avantgardistischer Komponisten.

Das Zusammentreffen von Chören und Dirigenten ganz verschiedener Provenienz führt su bemerkenswerten Erfahrungen und zür Bereicherung des kulturellen Verständnisses jedes einzelnen Teilnehmers.

Das „Junge“ der „Europa-Cantat"- Bewegung kommt in ihrem Bemühen zum Ausdrude, einen neuen Stil der Arbeit, des Beisammenseins und der Interpretation zu finden, der den gegenwärtigen Realitäten entspricht und sich von den traditionellen Formen zwar in manchem löst, aber ohne den Reichtum der landeseigenen Tradition oder der der anderen zu negligieren. Es wird also gewissermaßen ein „dritter Weg“ gesucht zwischen unseren schon ein wenig versteinerten Konzertformen und der Subkultur der Hippies. Wer die Bilder dieser Seite betrachtet, wird davon einen Eindruck bekommen.

Das Zusammenführen der Jungchöre aus vielen Ländern Europas zeitigt nicht nur künstlerische, sondern auch meta politische Resultate im Sinne eines indirekten Beitrags zur internationalen Friedensbewegung. Sehr bewußt haben die Veranstalter ihr zweites großes Europa- Cantat-Fest unter das Motto „Pacem in Terris" gestellt, und wer sich vergegenwärtigt, was es bedeutet, wenn junge Menschen aus West und Ost zwei und drei Wochen gemeinsam musizieren, der wird ihnen auch zugestehen, daß hier echte Friedensarbeit geleistet wird. Im übrigen haben die jungen Menschen wiederholt erklärt, daß sie sich künftig nicht nur auf Europa beschränken wollen, sondern Kontakte ln der ge» samten internationalen Musikwelt suchen werden.

Wie sieht nun in der Praxis ein solches Programm aus? Nehmen wir als Beispiel das des heurigen Sommers.

Da gab es vom 4. bis 11. Juli eine Singwoche in Esbjerg (Dänemark) mit Werken von Monteverdi, zeitgenössischer dänischer und alter Chormusik.

Vom 18. bis 25. Juli fand eine Singwoche in Lübeck mit Aufführungen von Werken Händels, Benjamin Brittens, Dimitri Terzakis und Pen- dereckis statt.

In Luzern wurden Chöre von Schütz, Prätorius, Bach sowie weltliche Chormusik von Distier und David gesungen.

In Nisch (Jugoslawien) wurden Kantaten von Bach und Bernstein, das „Sahicksalslied“ von Brahms (bei dem Fischer-Dieskau mitwirkte) sowie neue jugoslawische Chormusik aufgeführt. Meist nehmen die lokalen Radiostationen und Musikvereine mit ihren Orchestern an der Aufführung größerer Werke teil.

In Veszprem beteiligten sich unter anderem auch das Philharmonische Orchester von Györ sowie das Folklore-Ensemble der Armee. Aufgeführt wurden Chorwerke von Pergo- lesi, Frank Martins Oratorium „In Terra Pax“ sowie ungarische Komponisten, natürlich auch das „Buda- vari Te Deum“ von Kodäly.

Einen Eindruck vom Niveau der Veranstaltungen von Europa Cantat empfingen wir in Brügge, wo am Vorabend der Bach-Woche das letzte Konzert der Internationalen Singwoche stattfand, die von Dr. Gilbert Martens organisiert war. Wir hörten, mit erstklassigen Solisten, zwei der schönsten Kantaten J. S. Bachs („Ich hatte viel Bekümmernis“ und „Jauchzet Gott in allen Landen“). Eine wirkliche Wiederentdeckung War die großartige „Missa pro de- functis“ für Soloquartett, Chor und Orchester von Michael Haydn, ausgeführt vom Madrigalchor Koblenz unter der Leitung von Heinz-Anton Höhnen und Louis Devos mit dem einzigartigen Solotrompeter Heinz Zickler, dem wir dann später in der Hohen Messe und dem Magnificat von Bach nochmals begegneten. (Wir berichteten über diese Aufführungen in Nr. 35 der „Furche“.)

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