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Familienenthauptung

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Das Matriarchat muß, bei der i notorischen Streibarkeit des Weibervolkes, nicht notwendig besser sein als das Patriarchat — angenehmer für die Mannsbilder wäre es jedenfalls. Denn wenn das angeblich starke, in Wahrheit aber schwächere Geschlecht nun einmal für etliche Jahrhunderte ! aller Verantwortung ledig wäre, i nur niederen Tätigkeiten zu obliegen hätte und ansonsten in schöngeistigem Müßiggang auf der • Stelle treten könnte, dann fände dieses schwache, weil geschwäch-; te Geschlecht vielleicht seine ; Chance, sich zu regenerieren. Doch bis dahin ist's noch weit, und bis dahin zerbröseln die Reste der Männlichkeit in dem Interregnum der fälschlich so genannten Gleichberechtigung, die es da halt nicht gibt, weil nicht geben kann.

Dieses Interregnum wird nun, j zu allem Überfluß, auch noch institutionalisiert, weil — so der ! Justizminister — die aus dem

19. Jahrhundert stammenden familienrechtlichen Gesetze nicht mehr geeignet seien, die gesellschaftlichen Verhältnisse des

20. Jahrhunderts juristisch in den Griff zu bekommen. Nun ist zwar auch der Katalog der Grund- und

; Freiheitsrechte, also das Herzstück des Bundesverfassungsgesetzes der erst seit 1918 existenj ten Republik Österreich, schon im 19. Jahrhundert formuliert worden, und niemand, auch der vielgerühmte Professor Kelsen nicht, hat seither den damals juristisch abgesteckten Freiheitsraum des Staatsbürgers auch nur um die Breite eines Haares zu erweitern

! vermocht — so reaktionär, wie i gern behauptet wird, war jenes Jahrhundert gerade in seinen Rechtsschöpfungen nicht! Aber wie dem auch sei: Es soll in Zukunft der Gatte und Vater nicht mehr fungieren als Haupt der Familie, ja nicht einmal mehr als (sozusagen) Primus inter pares, sondern — ja, als was denn nun,

; bitte?

Just darüber gibt der Justizminister keine verbindliche Auskunft. Seinem Entwurf zufolge ist die Familie der Zukunft eine Art Team, in dem „demokratisch“ ausdiskutiert wird, was jeweils konkret zu geschehen habe und was jeweils von wem zu leisten | sei: von der Wahl des Namens bis j zu der des Wohnsitzes. Das klingt 1 natürlich sehr schön, denn wer ; heißt schon gerne so zungenbrecherisch wie in dem berühmten Chanson von Weigel und : Kreisler, und wer wohnt schon i gerne in Hintertupflng! Indessen: Was ist aber dann, wenn der Vater den Sohn im lukrativen Installateurgeschäft etablieren, die Mutter ihn aber zu den zwar brotlosen, aber gesellschaftlich reputierlichen Höhen des Dr. phil. aufsteigen sehen möchte? Wer spielt den Schiedsrichter, wenn ; bei den Ehepartnern Meinung gegen Meinung steht und aus der Natur der Monogamie heraus eine „demokratische“ Mehrheit nicht erzielt werden kann? Der Nachbar? Die Schwiegermutter? Die unmündigen Kinder? Herr Broda persönlich?

Nein, natürlich nicht Herr Broda persönlich, sondern der Herr Justizminister in der Ver-tretung durch seine Amtsgehilfen, die Richter. Denn seine Reform verwandelt die Institution der Ehe, zumindest potentiell, in einen permanenten Scheidungsund Pflegschaftsprozeß.

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