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Familiengerechte Wohnungen fehlen

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Der erste Wiener Familienbercht, der unlängst vorgestellt wurde, stelle Weichen für die Zukunft, wurde im Wiener Rathaus verkündet. Wirklich?

Besagter Bericht gliedert sich in drei Hauptteile: Nach einem statistischen Überblick über die Situation der Wiener Familien ist der zweite Teil der Beschreibung von Familienproblemen im Ablauf des Lebenszyklus sowie den entsprechenden Einrichtungen der Stadt Wien gewidmet.

Der dritte Teil befaßt sich mit Hilfen für Familien unter erschwerten Lebensbedingungen. Fallweise sind „Ausblicke” auf mittelfristige Planungsvorhaben angeschlossen, die „somit Weichen für die Zukunft” stellen sollen.

Das Zahlenmaterial kann verschieden interpretiert werden. Die Feststellung jedoch, daß 90 Prozent der Wiener eine Familie mit zwei Kindern als Ideal ansehen, tatsächlich aber nur rund 55 Prozent aller Haushalte in Wien überhaupt Familien mit Kindern sind, wobei die durchschnittliche Kinderanzahl 1,53 beträgt, ist eigentlich bestürzend.

Wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Welche Konsequenzen zieht der Familienbericht daraus?

Der Bericht nimmt an, daß Frauen, die bereits ein Kind geboren haben (41 Prozent aller Wiener Kinder leben als Einzelkinder), deshalb in so großem Ausmaß vom Wunsch, zwei Kinder zu haben, abgehen, weil sie in der Zwischenzeit mit der Realität der Ehe, Schwierigkeiten in der Kinderbetreuung, Wohn- und ökonomischen Problemen konfrontiert wurden.

Gerade bei den letztgenannten Punkten wären kommunale Maßnahmen etwa zur Erlangung familiengerechter Wohnungen, besonders für jüngere Familien, zielführend. Doch darauf gibt es keinen „Ausblick”.

Oder soll die dürre Feststellung, daß die „Wohnungsproblematik für junge Familien berücksichtigt und geeignete Unterstützungen angestrebt werden sollen, um die daraus entstehenden Folgeprobleme stärker unter Kontrolle zu bringen,” schon eine Weichenstellung für die Zukunft bedeuten?

Ahn lieh .wird zwar erkannt, daß Gastarbeiterfamilien einen wesentlichen Beitrag zur Wiener Geburtenzahl leisten, Vorschläge aber für die „noch zu lösenden Probleme” aufgrund der starken räumlichen Konzentration der Gastarbeiterfamilien werden keine unterbreitet.

Von Vizebürgermeister Gertrude Fröhlich-Sandner, ihres Zeichens auch Vorsitzende der sozialistischen Kinderfreunde, wurde anläßlich der Präsentation des Berichtes die unersetzliche Funktion der Familie betont. Dieses Bekenntnis war erfreulich zu hören, sucht man es doch vergeblich in allen programmatischen Äußerungen der SPÖ.

In diesem Lichte betrachtet, offenbart der Bericht ein entscheidendes Manko kommunaler Familienpolitik: die bewußte Stärkung und Förderung der „normalen” Familie. Hilfestellungen für Familien in Schwierigkeiten sind gut und richtig. Was aber wird getan, um es gar nicht soweit kommen zu lassen?

Der Autor ist Leiter des Arbeitskreises „Familienpolitik” des Wiener Katholischen Familienverbandes.

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