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FILM

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Jugendliches Fluchtdrama

Der deutsche Regisseur Hark Bohm hat sich als Spezialist für die Konflikte Jugendlicher in der Vor- pubertäts- und Pubertätszeit erwiesen. In seinem Debütfilm

„Tschetan der Indianerjunge” stellte er erstmalig seinen Ziehsohn Dschingis Bowakow vor, der in seinem dritten, kürzlich bei uns gezeigten Streifen „Moritz, lieber Moritz” nur eine Nebenrolle verkörperte, aber in dem nun anlaufenden zweiten - und bisher besten - Film Bohms eine der beiden Hauptrollen verkörpert.

Dieser Streifen „Nordsee ist Mordsee” spielt wie die beiden anderen Werke des deutschen Regisseurs in Hamburg. Anders als in „Moritz, lieber Moritz” rollt die Handlung hier in einem Arbeitervorort der Hansestadt ab, womit auch die sozialen Akzente variiert sind. Verschiedene Motive veranlassen die einander ursprünglich gar nicht so freundlich gesinnten Vierzehnjährigen Uwe und Dschingis zur Flucht. Der Einheimische kommt mit seinem Vater, der im Hafen als Trinker und Schläger verschrien ist, nicht zurecht. Sein Gefährte, der „Karnaker”, leidet unter der gluckenhaften Uberfürsorge seiner Mutter, einer Fremdarbeiterin, die auch nicht bereit ist, die Flucht der beiden Burschen zu decken. Auf einem selbstgebauten Floß treiben sie die Elbe abwärts, verlassen dann aber das unzulängliche Gefährt und stehlen ein Segelboot, das sie auf die offene See hinausführt. Das Schicksal der beiden Burschen bleibt offen.

Der Autor-Regisseur bietet hie- mit also keine Lösung, was ohnedies problematisch gewesen wäre und bei einer ernsthaften Fragestellung ja auch durch einen Appell an den Beschauer ersetzt werden könnte. Und ernst nimmt Bohm seine Jugenddramen durchwegs, wobei ihm aber jener Schuß Humor und Ironie fehlt, der ein wichtiges Anliegen auch für einen größeren Publikumskreis schmackhafter und „konsumierbarer” machen könnte. Worum es ihm vor allem geht, ist, die Gefahren aufzuzeigen, die aus der Verwahrlosung oder Vereinsamung heranwachsender Menschen resultieren. Daneben fallen einige Schwächen wie die Aus- klammerung der Schule als wichtigen Lebensbereich Jugendlicher, die etwas zu lineare Dramaturgie und vereinzelte Längen im Handlungsablauf weniger ins Gewicht.

Schlechtes Plagiat

Der Vorwurf ist nicht ganz wörtlich zu nehmen, aber immerhin lehnt sich zumindest der deutsche Titel des französischen Films„Herz- flimmem in St. Tropez” deutlich an ein Werk des bedeutenden französischen Regisseurs Louis Malle an: „Herzflimmem”, in dem eine Inzestbeziehung zwischen aparter Mutter und fünfzehnjährigem Sohn auf psychologisch-emotionaler Ebene abgehandelt wurde. Hier sind es zwar nicht Mutter und Sohn, sondern ein Bursche gleichen Alters und eine „Dame”, die fast seine Mutter sein könnte und von der er auch dann nicht lassen will, als sich herausgestellt hat, daß sie ein Luxus-Callgirl ist. Von St. Tropez kommt zwar im ganzen Film kein Bild vor, aber des schicken Milieus ist sicher genug getan, wenn man die Nobelprostituierte in einem Superluxusappartement agieren läßt, in dem eine dressierte Dogge geradezu die Funktion eines Butlers erfüllt. Bei soviel Talmi stimmen natürlich auch die Gefühle nicht, was darin gipfelt, daß die ausgekochte Dame schließlich unter Tränen heimlich ihren jugendlichen Geliebten verläßt und ihm als Souvenir den Riesenhund zurückläßt. Die Hauptdarstellerin Mimsy Farmer zeigt zwar körperliche Vorzüge, aber arge mimische Schwächen und wird in schauspielerischer Hinsicht von ihrem jungen Partner glatt übertroffen. Daß sich Persönlichkeiten wie Madeleine Robinson und Bernard Fresson in diesen nichtssagenden, gelackten Edel- pomo verirrt haben, bleibt bedauerlich.

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