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Fur den Dialog mussen die Partner vorbereitet sein

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Bei der Bischöfssynode in Rom, die sich mit der Katechese beschäftigte, trug Kardinal Franz König als Präsident des vom Konzil angeregten „Sekretariats für die Nichtglaubenden“ einen Sonderbericht vor. Der Kardinal hatte 1968 in einem Dokument „Dialog mit den Nichtglaubenden“ Sinn und Aufgabe dieses Dialogs dargelegt. Unterschiedlich zur Dialog-Auffassung in der päpstlichen Enzyklika „Ecclesiam Suam“, wo Papst Paul VI. den Dialog im Dienst der Verkündigung an allen Menschen darlegte, hatte Kardinal König dem von seinem Sekretariat zu führenden Dialog eine andere Aufgabe zugewiesen: als einem „Dialog zwischen Kirche und Welt,... der nicht in erster Linie auf die Verkündigung des Evangeliums abzielt“; als „Dialog, den die Christen mit jenen Menschen aufnehmen wollen, die nicht ihren Glauben teilen, sei es, um gemeinsam auf verschiedenen Gebieten die Wahrheit zu suchen, sei es, um gemeinsam an der Lösung jener großen Probleme zu arbeiten, vor die sich die Menschheit heute gestellt sieht“.

Was ist aus diesem Dialog in diesen zehn Jahren geworden? Darüber heißt es in dem Bericht des Kardinals vor der Bischofssynode:

„Wie den Vätern bekannt ist, beruht das Amt des Sekretariats für die Nichtglaubenden auf folgendem:

• Soweit als möglich den Dialog mit den Nichtglaubenden zu fördern;

• dem Apostolischen Stuhl entsprechend seinem Auftrag bei der Evangelisation zu dienen;

• das Studium über die verschiedenen Formen des Atheismus und über die Ursachen des Unglaubens zu fördern.

Von Anfang an erwies es sich als schwierig, einen derartigen Dialog in die Praxis umzusetzen, obwohl wir in dem ,Dokument über den Dialog mit den Nichtglaubenden' versucht haben, einige Erklärungen und Normen zu übermitteln.

In den Ländern, wo die Regierungen sich zum Marxismus bekennen, wird unser Dialog nicht angenommen, sondern nur zur Förderung des Gemeinwohls eine praktische Zusammenarbeit mit den Christen gewünscht.

Unsere Situation ist eine andere als die Situation des Sekretariats für die Einheit der Christen und des Sekretariats für die NichtChristen: jene haben bestimmte Gesprächspartner; unsere Gesprächspartner sind lediglich Regierungen oder politische Parteien, die von irgendeiner atheistischen Ideologie beseelt sind oder sich der Religion gegenüber indifferent verhalten.

In unseren Ländern wünschen nur jene den Dialog und unsere Mitarbeit, die auf diese Weise die volle Macht im Staat anstreben.“

Für einen Dialog müssen jedoch die Partner vorbereitet sein. Kardinal König zeigte auf, was für einen solchen Dialog notwendig ist:

„Es bleibt die Möglichkeit des persönlichen Dialogs oder des Dialogs in kleinen Gruppen: Ein solcher Dialog setzt Christen und vor allem Jugendliche voraus, die dazu geschult und bereit sind. Diese Schulung zum Dialog mit den Nichtglaubenden suchen das Sekretariat des Heiligen Stuhls ebenso wie die nationalen Sekretariate nach Möglichkeit zu bieten. Was bei der Synode über die ökumenische Erziehung und Ausbildung gesagt wurde, gilt auch von der Erziehung und Ausbildung zum Dialog mit den Nichtglaubenden; sie müßte in unserer agnostischen, vom Indifferentismus angesteckten Welt einen integrierten Bestandteü der Katechese bilden.

Unser Sekretariat verfolgt nicht direkt das Apostolat unter den Nichtglaubenden, sondern muß Hilfestellung leisten, daß auch den Nichtglaubenden die Botschaft des Evangeliums vorgelegt werden kann, weil sie nur auf die Weise des Dialogs erlangt werden kann;

Das bedeutet: die Nichtglaubenden anhören und ein ehrliches Gespräch mit ihnen eröffnen. Darin legen die Nichtglaubenden oft viele Gründe dar, warum sie den Glauben ablehnen oder ihn verloren haben. Durch das Beispiel des christlichen Lebens werden mehr als durch andere Argumente die menschlichen Werte aufgezeigt, nach denen die Nichtglaubenden suchen und die unser Glaube nicht ablehnt, sondern vollendet.“

Diese Aufgabe ist bereits in dem Dokument vor zehn Jahren erwähnt worden: Es sei „möglich, daß der Dialog mit den Nichtglaubenden die Glaubenden nicht nur zu einer besseren Erkenntnis der menschlichen Werte, sondern auch zu einem besseren Verständnis in religiösen Dingen führt.“ In bezug auf diese Aufgabe berichtete Kardinal König der Bischofssynode über konkrete Arbeiten und Pläne des Sekretariats:

„Diesem Ziel dienen schließlich auch die Forschungen und Studien des Sekretariats für die Nichtglaubenden über die Formen und Ursachen des Unglaubens. Man findet für den Unglauben verschiedene Gründe und Ursachen, besonders bei den Jugendlichen; daher hat das Sekretariat sofort nach der Synode 1974 die wissenschaftliche Arbeit ,Die Jugend und die zukünftige Art des Glaubens' in Angriff genommen. Die nationalen Sekretariate und Tagungen der Fachleute in den verschiedenen Ländern behandelten das gleiche Thema.

Andere Themen, mit denen sich das Sekretariat in Untersuchungen und Tagungen in den vergangenen Jahren beschäftigte, sind:

• das Phänomen der Säkularisierung und

• das Verhältnis von Glaube und Marxismus.

Wir sind überzeugt, daß sich jener Atheismus im strengen Sinn - obwohl er eine weitere Verbreitung hat als in den früheren Jahren und obwohl die Regierungen, die dem Marxismus Gefolgschaft leisten, den Atheismus mit Privilegien ausstatten und die Religion auf jede Art zu zerstören suchen -trotzdem verhältnismäßig wenige bekennen. Es herrschen eher Formen des religiösen Agnostizismus und Indifferentismus vor.

Die Mißachtung der Religion und der religiöse Indifferentismus sind spezielle Erscheinungen unserer Zeit; deshalb wird über diese Themen vom Sekretariat mit Hilfe von Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen ein Buch vorbereitet und so, vielleicht an erster Stelle, der Indifferentismus einer Analyse unterzogen; aber dieses Phänomen erfordert weitere Untersuchungen und Forschungen.

Zu den Ursachen, die heute diesen, Indifferentismus fördern und hervorrufen, gehört die Pseudo-Wissenschaft oder vielmehr die wissenschaftliche und technische Mentalität. Uber das Verhältnis von Wissenschaft und Glaube wird im April in München von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften eine Tagung von Wissenschaftern vorbereitet, unter denen sich auch einige Nobelpreisträger befinden werden.

Hier sollen verschiedene Themen behandelt werden:

• Beziehung und Spannung zwischen Wissenschaft und Glaube in Vergangenheit und Gegenwart;

• technischer Fortschritt und christlicher Glaube;

• Biologie und ethische Fragen der christlichen Religion;

• Astronomie und christliche Escha-tologie.“

Uber die Gründe des Unglaubens und Indifferentismus, die auf irgendeine Weise ihre „Wurzel in der Pseu-doWissenschaft oder im pseudowissenschaftlichen Atheismus“ haben, wird das Sekretariat für die Nichtglaubenden Untersuchungen und Tagungen in verschiedenen Ländern und Kulturen durchführen, berichtete der Kardinal. Auch sei beabsichtigt, den „Catechisme des incroyants“ von P. Sertillanges neu aufzulegen und der Situation unserer Zeit anzupassen.

Bemerkenswert war, - schließt die deutsche Wochenzeitung „Ruhrwort“ einen Bericht — was Kardinal König zum Schluß als weiteres Votum, also als Wunsch und Anregung der römischen Synode vortrug; bemerkenswert deshalb, weil damit indirekt ein Vorwurf der Nichtglaubenden, die Christen hätten in ihrer sozialen Verantwortung versagt, zum Ausdruck kommt: Deshalb schlug der Kardinal König der Bischofssynode vor, daß von ihr „eine Synthese der kirchlichen Soziallehre nach der Art des kleinen Katechismus erstellt wird, denn die Christen leben diese Soziallehre deshalb nicht, weil sie sie nicht kennen.“

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