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Geht der Zweite Weltkrieg zu Ende?

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Fast auf den Tag genau 33 Jahre nach dem Abwurf der ersten Atombombe über Hiroshima und der unmittelbar darauf erfolgten Kapitulation Japans haben Peking und Tokio mit einem formellen Friedensvertrag den rechtlich noch bestehenden Kriegszustand zwischen China und Japan beendet. Ist damit endgültig der Schlußstrich unter den Zweiten Weltkrieg gezogen?

Die Kapitulation der Deutschen Wehrmacht vom 8. Mai 1945 und die am 15. August nachfolgende Kapitulation Japans beendeten zwar die Kriegshandlungen, bedeuteten aber noch nicht den Frieden. Der Abschluß von Friedensverträgen dauerte immer noch etliche Zeit, nachdem man das Schießen einge stellt hatte. Der Erste Weltkrieg wurde immerhin schon ein gutes halbes Jahr nach dem Waffenstillstand rechtlich liquidiert. Beim Zweiten Weltkrieg sollte es länger dauern - für die Kriegspartei Deutsches Reich ist der Abschluß heute noch völkerrechtlich offen.

Hitlers europäische Partner in seinem Krieg gegen die Alliierten in West und Ost hatten sich noch in letzter Kriegsphase auf die Seite der Sieger geschlagen und damit ein Anrecht auf „mildernde Umstände“ erworben. Auf der Basis der Wiederherstellung der Grenzen von 1938 begannen dann im Sommer 1946 in Paris die Friedensverhandlungen mit Bulgarien, Finnland, Italien, Ungarn und Rumänien, die schließlich bis Februar 1947 in eine Reihe formeller Friedensverträge mündeten. Hierbei wurden nicht nur die territorialen Erwerbungen während des Krieges rückgängig gemacht. Finnland und Rumänien traten weitere Grenzgebiete an die Sowjetunion, Italien an Jugoslawien ab. Die erst unter dem Einfluß des Deutschen Reichs kurz vor und während des Krieges entstandenen Kleinstaaten Slowakei und Kroatien waren durch die Wiederherstellung der Vorkriegsgrenzen bereits liquidiert worden.

Das nächste Kapitel des abgelaufenen Krieges, das bereinigt werden sollte, war jenes im Fernen Osten. Am 8. September 1951 unterzeichneten die Alliierten und Assoziierten Mächte in San Francisco den Friedensvertrag mit Japan, wobei für China die Regierung Tschiang Kai Schek auf Taiwan unterzeichnete. Diese Unterschrift wurde jedoch von der Volksrepublik China in Peking nie anerkannt.

Zurück zum europäischen Kriegsschauplatz: . Das Deutsche Reich war mit seiner Aufteilung in die vier Besatzungszonen aufgelöst worden. Die Gebiete ostwärts von Oder und Neiße - Ostpreußen, Hinterpommern, Schlesien - wurden „bis zur Regelung in einem Friedensvertrag“ der Verwaltung Polens und der Sowjetunion unterstellt. Diese gliederten die deutschen Ostgebiete sofort in ihre innerstaatliche Verwaltung ein.

Auf dem Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen entstand 1949 die Bundesrepublik Deutschland, an Stelle der Sowjetischen Besatzungszone 1950 die Deutsche Demokratische Republik. Die Bundesrepublik erhielt in den Deutschlandverträgen 1952 die volle Gleichberechtigung mit ihren einstigen Westlichen Kriegsgegnern.

Es war genau ein Vierteljahrhundert seit der Konferenz der Siegermächte in Potsdam vergangen, als auch die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion in den Ostverträgen auf eine neue Basis gestellt wurden. Schon die Regierung Adenauer hatte 1955 die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion aufgenommen, doch unterstrichen die neuen Verträge nochmals ausdrücklich den Status quo in Mittelund Osteuropa. Die Formulierungen sprachen von der „Aufrechterhaltung des Friedens“, dessen Vorhandensein damit also vorausgesetzt wurde. Sie bestätigten jedoch gleichzeitig die Rechte der Alliierten in Berlin, wie sie 1945 „bis zu einem Friedensvertrag“ festgesetzt worden waren. Damit wurde wieder offen gelassen, daß ein formeller Friedensvertrag abgeschlossen werden müßte. Auf den Vertrag mit der Sowjetunion vom 12. August

1970 folgte am 7. Dezember 1970 ein entsprechender Vertrag mit Polen.

1971 betonten die Hochkommissare der vier Besatzungsmächte in Berlin ihrerseits das Weiterbestehen des Status quo von 1945 in der geteilten einstigen Reichshauptstadt.

Wenn auch niemand daran denkt, daß ein formeller Friedensvertrag für Deutschland noch eine konkrete Bedeutung haben könnte, so steht nach wie vor der Friedensvertrag zwischen der Sowjetunion und Japan aus. In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer wieder Vorstöße unternommen. Sie scheiterten stets an der Weigerung der Sowjetunion, die 1945 besetzten Kurileninseln wiederherzugeben und anderseits an der Weigerung der Japaner, auf die für ihre Fischerei lebenswichtigen Inseln zu verzichten.

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