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Aber diese Christen …
In einem Psalm heißt es: Laßt uns niederfallen und weinen or Gott unserem Herrn, denn er hat uns gemacht und wir sind sein olk und seine Herde, die ihm gehört. Warum sollen wir denn weinen, wenn Gott uns gemacht hat? Aber wahrhaftig, da ist ein Grund, nicht nur zum Weinen, sondern zum Erschrecken. Er hat uns geschaffen, wir sind die Gebilde seiner Hand, wir gehören ihm, wie ein Kunstwerk dem Künstler gehört, wir gehören ihm, wie ein olk seinem Herrn und Führer gehört. Sein Name ist über uns angerufen, seine Banner wehen über uns. So fällt es also auch auf ihn zurück, wie wir sind und wie wir werden. Wenn man die Menschen ansieht, dann muß man sagen: Seht, so ist das olk Gottes, so sind die Geschöpfe Gottes, so sind die Meisterwerke Gottes, so sind die Gläubigen Gottes, so sind die Erlösten Gottes. Die Schlußfolgerung müßte dann auch lauten: So ist also auch Gott, ihr Schöpfer und Herr, Gott, der sie in seinen Gedanken trug und der sie in Wirklichkeit setzte. Wenn wir das hören, wollten wir da nicht schambedeckt uns auf die Erde werfen und weinen or ihm und ausrufen: Nein! Nein! So bist Du nicht, unser Herr und Erschaffer! So bist Du nicht, unser Heiland und Erlöser, wie wir sind! Das darf man Dir nicht nachsagen! Nicht gelästert, sondern geheiligt werde Dein Name!
Hier ist eine der schwersten und schrecklichsten Fragen, die es gibt: Gott hat uns zu seiner Ehre, das heißt als Ausdruck seiner göttlichen Herrlichkeit und Größe, als Ausdruck seiner Gestalten und seiner Liebe geschaffen. Aber gereichen die Menschen auch wirklich Gott zur Ehre? Kann er Ehre mit ihnen einlegen? Muß man den ater preisen, der im Himmel ist, wenn man seine Kinder sieht? Muß man dem Heiland danken, wenn man seine Erlösten sieht? Muß man an die Kirche glauben, wenn man die Katholiken sieht? Muß man die Religion erehren, wenn man die Frommen sieht?
Dieses Problem kann nicht gelöst, sondern nur aus dem Wege geräumt werden. Das muß on jedem einzelnen für sich geschehen: soweit es an ihm liegt, keinen Schatten fallen zu lassen auf seinen Gott und Herrn. Jeder sorge dafür, so zu sein und so zu werden, so zu leben in jeder Stunde, in jedem Kreis, in jeder Krisis, daß die Menschen, die ihn sehen, den ater preisen, der im Himmel ist.
Aus „ om Gesetz und on der Liebe“, Ars-sacra- erlag, München.,
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