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Glaubensweitergabe ist eine Lebensfrage

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Die Entwicklung der Abmeldungszahlen beim Religionsun-, terricht sei nicht besorgniserregend, aber auch nicht erfreulich, erklärte neulich Prälat Leopold Wolf, der Leiter des Schulamtes der Erzdiözese Wien. Allerdings dürfe nicht übersehen werden, daß es doch so etwas wie einen religiösen Substanzverlust gebe.

Gerade den Substanzverlust spürt man im Leben der Pfarrgemeinde: Immer seltener werden zum Beispiel Taufen, bei denen seitens der Eltern und seitens der vorgesehenen Paten das, was aus den Dokumenten hervorgeht, den Glaubensvorstellungen beziehungsweise Vorschriften der Kirche entspricht, von der kaum überprüfbaren Lebenspraxis ganz zu schweigen. Die Eltern sind oft nicht oder bloß standesamtlich verheiratet, mitunter ist ein Teil oder sind gar beide aus der Kirche ausgetreten. Viele sind außerstande, im Bekanntenkreis einen Paten zu finden, der den Anforderungen des kirchlichen Rechts entspricht.

Trotzdem legen die allermeisten Eltern großen Wert auf das Sakrament der Taufe und auf den Besuch des Religionsunterrichtes durch ihre Kinder. Wie sehr Tauf-spendung und Religionsunterricht zusammenhängen, sieht man unter anderem daraus, daß Jahr für Jahr nicht wenige Kinder im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Schule zur Taufe angemeldet werden. Die Eltern erklären dann ausdrücklich, sie möchten ihre Kinder nicht vom Glaubensunterricht ausgeschlossen sehen.

Hier wird die gegenseitige Verschränkung, das Aufeinander-verwiesen-Sein von Pf arrseelsor-ge und schulischem Religionsunterricht sichtbar. Nach alter kirchlicher Uberzeugung darf die Kindertaufe nur gespendet werden, wenn die religiöse Erziehung wenigstens moralisch gewährleistet ist. Realistisch gesehen, bieten aber viele Elternpaare diesbezüglich nur wenig Gewähr.

Oft kann man also seitens der Pfarre die Tauf spendung nur im Hinblick auf die Bereitschaft der Eltern wagen, ihre Kinder später der kirchlichen Gemeinschaft zur Glaubenserziehung anzuvertrauen, wobei der Religionsunterricht in der Schule eine ganz wichtige Rolle spielt: Allein er erreicht fast alle getauften Kinder durch Jahre hindurch.

Umgekehrt aber hinge die Wissens- und Haltungsvermittlung des schulischen Religionsunterrichtes in der Luft, gäbe es nicht Pfarrgemeinden, in denen der Glaube zur Lebenspraxis werden kann. Bei der Religion kommt es ja weniger auf abfragbares Wissen an, als auf inniges Mitfeiern von Gottesdienst und Sakrament sowie auf das Mittragen von Verkündigung und Caritas. In der Pfarre können schon Kinder viele Aufgaben übernehmen, etwa beim Ministrieren, als Helfer in der Jungschar, bei den Pfadfindern und so fort.

Religionslehrer haben angesichts einer verdunstenden Gläubigkeit einen schweren Stand. Pfarrseelsorger treffen doch häufiger auf aktive Christen, aber auch ihnen sind die Anfechtungen ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Schule nicht fremd. Ein engeres Miteinander und Füreinander von Schule und Pfarre ist daher ein Gebot der Stunde.

Seitens der Pfarren könnte beispielsweise ein verstärktes Interesse an den Schulen bekundet werden. Pfarrer, die sich bei den Schuldirektoren des Pfarrspren-gels vorstellen, die diese bei gegebenem Anlaß ins Pfarrhaus einladen, die sich etwa zur Weihe der Adventkränze im Schulhaus anbieten, fördern nicht nur eine gute Atmosphäre zwischen Schule und Kirche, sondern stärken auch das Ansehen der Religionslehrer.

Die in den Pfarren aktiven Christen ihrerseits scheinen sich leider oft zu wenig Gedanken darüber zu machen, wer all das in Zukunft weitertragen wird, was ihnen heilig ist. Die Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation ist eine Lebensfrage der Kirche. Eine Stärkung und Unterstützung des Religionsunterrichtes sollte gläubigen Eltern auch im Rahmen eines Engagements in den Elternvereinen, neuerdings im Schul- und Klassenforum am Herzen liegen. Viele Möglichkeiten bleiben da noch ungenützt!

Schwierig geworden ist der Religionsunterricht, und steinig ist über weite Strecken die pfarrliehe Pastoral. Gewiß könnten beide schönere Früchte ernten, wenn sie einander noch besser unterstützten.

Der Autor ist Dechant und Pfarrer in Wien-Breitensee.

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