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Gnade der Demut

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Nach erfreulichen Fortschritten in der Ökumene konstatieren heute manche eine Stagnation. Woran fehlt es?

Im Ökumenismusdekret des U. Vatikanums lesen wir: „Es gibt keinen echten Ökumenis- mus ohne innere Bekehrung. Deshalb müssen wir vom göttlichen Geist die Gnade der Demut erflehen."

Umdie wahre Demut also geht esl

Wir haben allen Grund zur Demut wegen der (gemeinsamen) Schuld an der Spaltung. „In Demut also bitten wir Gott und die getrennten Brüder um Verzeihung", so das Konzil und genauso auch der Papst in Upsala.

Solch demütige Haltung hat auf dem Konzil reiche Früchte getragen. Sie hat zur Einsicht geführt, daß „viele und bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird, auch außerhalb der katholischen existieren"; daß „zahlreiche liturgische Handlungen bei den von uns getrennten Brüdern vollzogen, ohne Zweifel tatsächlich das Leben der Gnade zeugen und als geeignete Mittel für den Zutritt zur Gemeinschaft des Heiles angesehen werden müssen."

Jene demütige Haltung hat die Konzilsväter veranlaßt, alle, natürlich auch die Katholiken, zu mahnen, sich zu prüfen, wie sie im Lauf der Geschichte „ihre Treue gegenüber dem Willen Christi" gehalten haben.

Die vom Konzil geforderte Demut scheint heute dort zu fehlen, wo statt in Selbstkritik und gegenseitiger Achtung zu selbstsicher vom alleinigen Besitz des Heiles und der Wahrheit gesprochen wird, wo der eigene Weg in der Geschichte als der einzig richtige verteidigt wird, wo Ökumene zur Einbahn zu werden droht, ganz gleich, ob weh „Rom" oder nach „Wittenberg."

Auch dort scheint Demut zu mangeln, wo Übertreibungen Ökumene unnötig belasten. So stört alles, was nach wachsendem römischen Zentralismus aussieht, das schon erreichte, bessere gemeinsame Verständnis des Petrusdienstes. So können Überbetonungen in der Marienverehrung theologische Mißverständnisse wieder au flehen lassen, wovor schon Papst Paul VI. in seinem Schreiben über den Marienkult gewarnt hat. So wird die Zunahme der Heiligenehrung, besonders in vermehrten Selig- und Heiligsprechungen demonstriert, die wachsende Einheit neuerdings hemmen.

Die katholische Kirche hat lange gebraucht, offiziell ihre Schuld an der Glaubensspaltung einzugestehen. Wir sind versucht, nur die Fehlęr derer vor uns zu sehen, nicht aber die Schuld, die wir heute für den Stillstand in der Ökumene tragen.

25 Jahre nach dem Ökumenismusdekret gilt es, erneut gemeinsam um die Gnade der Demut zu bitten.

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