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Im Gartenbad

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Am Wochenende will man sich entspannen. Und wer in der Stadt wohnt, entspannt sich gerne im Freien. Vor allem, wenn sommerlich schwüle Hitze in den engen Straßen klebt und die Wohnhäuser zur Sauna werden. Das Verlangen, sich in kühlendem Naß zu erfrischen, steigert sich bei manchen zum dringenden Befürfnis. Der Entschluß, das unweit von der Wohnung entfernte Gartenbad aufzusuchen, ist naheliegend.

Kürzlich war ich im Gartenbad. Nachdem ich mit Badekappe und Badehose ausgerüstet war, stürzte ich mich ins Schwimmbecken. Natürlich ist es kein Wunder, daß man im überfüllten Bassin wegen ein paar Tobsüchtiger beim Schwimmen dauernd Wasser schlucken muß. Bald schon hatte ich mich an das ekelhaft chlorhaltige Getränk gewöhnt.

Als ein Jüngling, der vom Bassinrand ins Wasser hechten wollte, auf meinem Rücken landete, entschuldigte ich lächelnd. Kurz darauf wollte ein Unterwasserschwimmer ausgerechnet an jener Stelle nach Luft schnappen, wo mein Bauch durchs Wasser zog. Während ich zusammenzuckte, patschte mir der kräftige Arm eines Rückenschwimmers über den Kopf. Verärgert steuerte ich auf den Bassinrand zu, um mich aus der Gefahrenquelle zu entfernen.

Zwei oderdrei unbedeutende Kollisionen bestärkten mein Bedürfnis, dem chlorhaltigen Naß zu entrinnen. Endlich erreichte ich ein Leiterchen, aus dem ich mich ins Trockene hochziehen wollte. Genau in diesem Augenblick schickte sich ein unappetitlicher Plattfuß an, vom Bassinrand her die Wärme des Wassers zu prüfen, wobei er mir kräftig ins Gesicht trat.

Uber Hunderte weißer, brauner, ro-

ter, feister, dürrer, kräftigerjunger, alter, männlicher und weiblicher Körper steigend, erreichte ich jenen Platz, wo ich mein Badetuch deponiert hatte. Kaum lag ich auf dem Bauch, begann neben mir ein Transistorradio zu dröhnen. Ich ergriff die Flucht.

An meinem neuen Platz war's friedlicher. Aber auch nur für wenige Minuten. Denn bald wurde mein Rücken zum Landeplatz für Feder- und Wasserbälle. Also ergriff ich von neuem die Flucht. Beim Aufstehen flog mir ein * Wurfring in den Nacken.

Und dann installierte ich mich in der Nähe des Kleinkinderbassins. Zwar wurde hier gekreischt, aber dies schien mir erträglich. So döste ich mitten unter Eltern mit Kleinkindern vor mich hin und schlief schließlich ein. Plötzlich weckte mich ein kaltes sanftes Streicheln meines Bauches. Und was mußte ich sehen? Zur Belustigung aller benachbarten Eltern malte ein zweijähriger Knirps mit seinem Soft Ice eine abstrakte Zeichnung auf meinen Bauch. Wütend packte ich meine Siebensachen, ging duschen und dann nach Hause.

Die Spuren meiner Zusammenstöße im Schwimmbecken machten mir noch am folgenden Tag zu schaffen. Außerdem plagte mich ein Sonnenbrand. Das Jucken an meinen Fußsohlen hingegen war ein sicheres Anzeichen dafür, daß bald Reifezeit für die Pilze sein wird.

Man mag über die Entwertung des Geldes denken, was man will. Aber literweise Chlorgetränk, blaue Flecken am ganzen Körper, unzählige Mückenstiche, Sonnenbrand, Fußpilze und einen vermiesten Sonntag für nur 25 Schilling Eintrittsgeld, das ist auch heute noch außerordentlich preiswert.

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