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Digital In Arbeit

ITT Austria zieht eigene „Sozialbilanz“

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Ich führe hier die Regie, in einem Spiel mit lauter Hauptrollen: denn dank einiger IBM 8100 werden unsere Mitarbeiter ihre Arbeiten selbständiger erledigen können.

Da diese Systeme aber mit der Zentrale verbunden sind, bekommen wir vom Management auch weiterhin die nötige Obersicht und Kontrolle. Und das zu einem wesentlich günstigeren Preis/Leistungsverhältnis, also zu niedrigeren Kosten.

Wir haben auch schon einen neuen Ausdruck dafür: „Management by Hauptrollen“.

Bei uns im Spital muß der Patient die Hauptrolle spielen - die Lagerverwaltung und die Küche, die Apotheke, die Bevorratung mit Blutkonserven und das Labor, das alles ist auf bestmögliche Berücksichtigung seiner individuellen Bedürfnisse ausgerichtet. Wer sich da bei tausenden Patienten noch auskennen soll? Die“ IBM 8100 natürlich. Das neue Mittel gegen Kreislaufschwäche der Spitalverwaltung.

Artikelbestand, Auftragserfassung, Disposition - all das spielt bei meiner Arbeit eine große Rolle. Da ich mir künftig aus der IBM 8100 alle Daten direkt heranzoomen“ kann, spiele ich eine echte Hauptrolle.

Die österreichische Tochter des „Telephon-Multis“ ITT bemüht sich gegenwärtig, ihr (hierzulande gar nicht so schlechtes) Image aufzupolieren. Mitte des Jahres gab Generaldirektor DipL-Ing. E. Hainisch in einer Pressekonferenz erstmals einen Gesamtüberblick über die Aktivitäten der elf österreichischen Konzernunternehmen. Derzeit arbeitet das Management gerade an einer „Sozialbilanz“, um die Finnenleistungen auch auf diesem Sektor der Öffentlichkeit vorzustellen.

Kern der Firmengruppe, die 3500 Mitarbeiter beschäftigt, ist die ITT Austria Ges. m. b. H. mit ihren 2750 Beschäftigten und drei Werken in Wien und Niederösterreich. Die Situation der dort beschäftigten Mitarbeiter läßt sich zum Teil schon am Produktionsprogramm ablesen: So kommt für einen großen Teil der Erzeugnisse - Fernmeldeeinrichtungen und Eisenbahnsicherungsanlagen -nur die öffentliche Hand als Abnehmer in Trage. Sie plant, auf diesen Sektoren im Gegensatz zur Bauwirtschaft die Investitionstätigkeit nicht zu bremsen. Selbst wenn die für das Telefonnetz geplante Investitionssumme von 52,5 auf 45 Prozent der Fernmeldeeinnahmen zurückgenommen worden ist, soll der Ausbau in Zukunft dennoch vorangetrieben werden - allerdings mit ungleich mehr Krediten als bisher.

Von der Nachfrage nach ITT-Pro-dukten her scheint die Sicherheit der 2830 Arbeitsplätze (Ende 1977) der ITT Austria Ges. m. b. H. gegeben Die vorjährige Umsatzsteigerung

um 16 Prozent läßt erkennen, daß das Geschäft zumindest nicht schlecht läuft. Die für die Mehrproduktion allenfalls notwendige Anzahl neuer Arbeitsplätze wird aber durch den raschen Wandel der Technik (Rationalisierung) zunichte gemacht.

Zwar hat ITT im Schnitt des vergangenen Jahres sogar geringfügig mehr Leute beschäftigt als 1976, doch spricht der Leiter der Werke, Dipl.-Ing. Guido Klestil, von einem „langfristig sukzessiven Abbau“, der in der reinen Produktfertigung am stärksten sein soll. Dagegen steigt der Kapitaleinsatz.

Die Änderung der Technik, die die heute noch gängigen Telefonschalt-

kästen auf die Größe eines Fernsehgerätes zusammenschrumpfen lassen - Mitte der achtziger Jahre will die Post auf ein derartiges System umstellen - wirken sich nicht nur auf die Zahl, sondern auch auf die Art der Arbeitsplätze aus. Auf der einen Seite bietet die Elektronik jungen Ingenieuren ausgezeichnete Aufstiegschancen, auf der anderen Seite muß die Belegschaft der Fabriken aber auch Nachteile in Kauf nehmen.

Deutlich zeigt sich der Einfluß der Technik auf den Arbeitsplatz im Werk Strebersdorf, einem vor zehn Jahren errichteten Neubau, der so angelegt werden mußte, daß die Produktion der einzelnen Teile und Geräte möglichst rasch auf neue Verfahren umgestellt werden kann Daher errichtete man eine flache, annähernd quadratische Halle mit rund 150 Metern Länge, in der die manuellen Arbeitsplätze untergebracht und jederzeit Umstellungen ohne großen Aufwand möglich sind.

Was die Ausstattung der einzelnen Arbeitsplätze betrifft, hat sich das Management bemüht, den ergonomischen Anforderungen gerecht zu werden. Eigene Sessel wurden angeschafft, auf denen die Mitarbeiter weniger ermüden - dennoch verzichteten etliche darauf und arbeiteten heute noch auf ihrem alten Bürosessel.

Fließbänder mit Taktvorgabe für die einzelnen Arbeitsschritte gibt es in dem Werk nicht, auch nicht in der von einer deutschen Schwesterfirma nach Österreich verlegten Kleinrelaisfertigung, deren Produktions-

Straße auf einzelne Arbeitsgruppen zerlegt worden ist. Allerdings wird dieses Massenprodukt noch im Mehrschichtbetrieb hergestellt, den man sonst nicht zuletzt aus Gründen der Humanisierung der Arbeit zu vermeiden trachtet; immerhin sind bei ITT Austria zu 40 Prozent Frauen beschäftigt.

Mitarbeiterinnen), die neu eintreten, werden bei ITT nicht auf eine bestimmte Tätigkeit eingeschult, sondern erst einmal zwei Wochen lang in sämtlichen „Disziplinen“, wie Löten, Verdrahten oder einfach auf Fingerfertigkeit getes'tet. Dann erst beginnt die auf einen fixen Arbeitsplatz zugeschnittene Ausbildung.

Der Trend geht schon seit Jahren zu höher qualifizierten Mitarbeitern. Man versucht einerseits die Belegschaft in Kursen weiterzubilden (1977 hat jeder dritte Mitarbeiter an Schulungsmaßnahmen teilgenommen), und anderseits werden auch bei stagnierendem Belegschaftsstand schon seit längerer Zeit pro Jahr durchschnittlich 30 Lehrlinge aufgenommen

Daher seien umfangreiche zusätzliche Kurse notwendig. Heuer hat das Unternehmen für die Lehrlingsausbildung 8,3 Millionen Schilling eingeplant, das Anlernen und die Fortbildung neuer Kräfte soll 4,1 Millionen kosten, die externen Weiterbildungsmaßnahmen bereits länger bei ITT beschäftigter Personenist mit 1,2 und sämtliche mit der Ausbildung in Zusammenhang stehenden Unkosten (Druckerei, Diäten usw.) mit 1,1 Millionen veranschlagt.

Im Vergleich dazu betrug die gesamte Lohn- und Gehaltssumme im vergangenen Jahr 491 Millionen Schilling, was einer Steigerung um 12,4 Prozent entsprach. Die freiwilligen Sozialleistungen werden mit acht Millionen ausgewiesen, das waren um rund zwei Drittel mehr als 1976. Diese Ausweitung geht auf die einmalige Zahlung einer Jubiläumsprämie zurück: Hundert Jahre vorher hatte der Gründer des Unternehmens, das erst viel später von ITT gekauft worden ist, Dipl.-Ing. Franz Nissl, das erste Telefon in Österreich vorgestellt.

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