Teilzeit-Debatte: Wollen Frauen nicht arbeiten?
Über verschiedene Definitionen von Arbeit - und Männer mit zwei gesunden Händen, die im Haushalt anpacken.
Über verschiedene Definitionen von Arbeit - und Männer mit zwei gesunden Händen, die im Haushalt anpacken.
Vergangene Woche hat der Bundeskanzler unter dem Motto „Österreich 2030“ eine „Rede zur Zukunft der Nation“ gehalten. Ein zentrales Thema dabei war die Frage, wie man das Erwerbspotenzial der Bevölkerung besser ausschöpfen kann. Aber wie gehen wir dieses Ziel am besten an?
Obwohl der Kanzler diese Tatsache nicht direkt angesprochen hat, liegt eines der wichtigsten Potenziale für den Anstieg der Erwerbsarbeit bei den Frauen. Laut Statistik Austria arbeitet aktuell über die Hälfte von ihnen nur Teilzeit, Tendenz steigend. Bei Frauen mit Kindern unter 15 Jahren beträgt diese Quote sogar über 70 Prozent, aber auch bei kinderlosen Frauen ist der Anteil mit 30 Prozent vergleichsweise hoch.
Warum ist das so? Wollen Frauen nicht mehr arbeiten? Die Antwort liegt in der Definition von Arbeit. Laut Zeitverwendungserhebung von 2008/2009 (aktuellere Daten gibt es nicht!) leisten Frauen pro Woche durchschnittlich 27 Stunden unbezahlte Arbeit, Männer nur halb so viel. Lediglich 40 Prozent der Arbeitsstunden, die Frauen wöchentlich leisten, werden bezahlt.
Oft ertönt in diesem Zusammenhang ein Aufruf zum Ausbau der Kinderbetreuung. Das ist in der Tat unerlässlich. Aber es gibt etwas noch Grundlegenderes, das geändert gehört: Die Männer müssen endlich im Haushalt anpacken! Oder um den Bundeskanzler zu paraphrasieren: Wer zwei gesunde Hände hat, muss diese auch benutzen, um die Toilette zu putzen und das Baby zu tragen. Denn Frauen werden erst ihr volles Potenzial in der Erwerbsarbeit ausschöpfen können, wenn Männer einen größeren Anteil unbezahlter Arbeit übernehmen.
Im Übrigen schreibe ich diese Kolumne, während ich gleichzeitig das Abendessen koche und die Kinder in der Badewanne sitzen. Und danach träume ich weiter von einer Kanzler-Rede zur Zukunft der Frauen im Jahr 2030.
Die Autorin ist Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Wien.
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