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Kostenexplosion zwingt zum Umdenken

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Bis 1985 ist mit einer Kostenexplosion auf dem Bildungssektor zu rechnen, die Politiker aus den Bereichen Bildung und Finanzen zu koordiniertem Handeln zwingen wird. Das ist der Kern einer Studie („Empirische Grundlagen und Konzepte einer Bildungsfinanzpolitik in Österreich“), die Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Werner Clement (Institut für Sozialökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien) und Mag. Dr. Richard Sauerschnig im Auftrag des Finanzministeriums durchgeführt haben. 1

1975 wurden in Österreich von Bund und Gebietskörperschaften rund 37,5 Milliarden Schilling, das sind 11,17 Prozent des Gesamtausgabenvolumens der öffentlichen Haushalte, für Schulen und Hochschulen aufgewendet. Aber bereits 1985 wird die Bildung real - das heißt kalkuliert zu den gleichen Preisen wie 1975 - bis zu 45 Prozent mehr kosten. Es erhebe sich damit die ernste Frage, wer das bezahlen wird.

Die Wiener Untersuchung, die erstmals auch umfassende Zahlen über die Kosten der Schulen und Universitäten erhoben hat, legt deshalb einen Katalog von Maßnahmen vor, die Anregungen liefern sollen, wie man die Finanzierungslücke stopfen kann.

Den Ausgangspunkt ihrer Überlegungen umschreiben dabei die Wissenschafter: „Ein Einfrieren der Bildungsreform darf trotz der ausreichend abgesicherten Vorhersage drohender Finanzierungsschwierigkeiten nicht in Erwägung gezogen werden.Zielführend wäre eine .koordinierte' Bildungs- und Finanzpolitik, das heißt, daß Eingriffe sowohl im realen Bildungsbereich als auch im Finanzsektor im engeren Sinn erforderlich sind.“

Vorausgesetzt, daß Bildungschancen und Bildungsniveau nicht verringert und gleichzeitig die notwendigen Mittel in tragbaren Grenzen gehalten werden sollen, müsse an folgenden ,neuralgischen Punkten' angesetzt werden:

• Ein bedeutender Rückgang der Schülerzahlen der unteren Bildungsstufen ist demögraphisch bedingt: 1985 wird es um rund 250.000 Pflichtschüler weniger geben als 1975 - das ist eine Verringerung um rund ein Viertel. Teuerster Posten der Schulfinanzierung sind die Lehrer. In dieser Berufsgruppe ist aber noch mit einem deutlichen Anwachsen des Personalstands zu rechnen. Als möglicher Ausweg bietet sich die Umpolung der Lehrerkapazität auf den Sektor der Erwachsenenbildung sowie auf die sozialen, kulturellen und künstlerischen Bereiche an. Auch auf diesen Sektoren könnte es dadurch zu relativen Einsparungen kommen.

• Die Klassenzahl wird sich bis 1985 um rund 10.000 verringert haben: Hier könnten regional Einnahmen durch Vermietung oder Verkauf der nicht ausgelasteten Gebäude erzielt werden. Auch an eine Mehrzweckverwendung - für Erste-Hilfe-Kurse oder. Erwachsenenbildung - wäre zu denken.

• Ausgabenintensivster Faktorist die Hochschulbildung. Die Studentenzahlen werden sich noch bedeutend steigern. „Es ist eine anerkannte Tatsache, daß bloße Gebührenfreiheit kein ausreichender Anreiz für mehr und längere Bildung bei Kindern aus sozial benachteiligten Schichten ist.“ Besonders bei diesem teuersten Posten müßten also Maßnahmen getroffen werden.

Denkbar wären nach Meinung des Wissenschafters verschiedene Wege:

• Ein Ausbau von Schul- und Studienförderungssystemen, kombiniert mit der Einhebung von einkommens-und leistungsabhängigen Gebühren, also eine Studienkostenbeteiligung.

• Die Einführung von Bildungsgutscheinen, deren Kontingentzuteilung sozial gestaffelt wäre.

• Eine Ergänzung dieser Finanzierungsformen durch Bildungskredite mit differenzierten Rückzahlungsformen.

• Eine verstärkte Beteiligung privater oder korporativer Stellen (Firmen oder Gemeinden) am gegenwärtig fast ausschließlich dominierenden Staatsfi-nanzierungsmodell.

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