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Kultur kommt von Kult...
„Die Christen in unserem Land müssen sich mehr um die Kultur kümmern, denn das Schöne ist eine Form des Wahren, jede Pflege der Kultur ist ein Dienst an der Wahrheit.“ So heißt es in einem vorbereitenden Papier der Katholischen Männerbewegung Österreichs für ihren Delegiertentag, der in Salzburg von 29. April bis 2. Mai über die Bühne gehen soll, zum Thema Kultur. Bei diesem Delegiertentag möchte die Männerbewegung Weichen für eine „Gesellschaftspolitik aus dem Glauben“ stellen. In Sachen Kultur hat sie jedenfalls eher ungewohnte Töne gefunden, wenn man bedenkt, daß große Teile des organisierten Katholizismus — von löblichen Ausnahmen abgesehen — in den letzten Jahren auf bewußte Distanz zu Kunst und Kultur, nament-
lich der zeitgenössischen, gegangen waren. Aber es kommt noch besser: „Der Christ müßte wenigstens in den Grundzügen Bescheid wissen über die großen kulturellen Strömungen der Gegenwart; denn der Künstler ist, wenn er diesen Namen zu Recht trägt, seiner Zeit gewissermaßen voraus; er ahnt geistige Entwicklungen frulxer und gibt ihnen Ausdruck, sehr oft mißverstanden und tmbe-dankt.“ Auseinandersetzung mit moderner Kunst habe für jede Pfarrgruppe katholischer Männer eine „Selbstverständlichkeit“ zu sein.
Die anspruchsvollen Äußerungen kommen nicht von ungefähr. In der Katholischen Männerbewegung scheint man sich ernstlich Gedanken gemacht zu haben, zum Beispiel auch über den Zusammenhang von Kultur und christlichem Gottesdienst: „Kul-
tur ist Entfaltung des Lebens und als solche nicht vom Kult, vom Mysterium des gottmenschlichen Lebens zu trennen.“ Und man ist sich auch darüber im klaren, daß der Mensch Stil braucht, in seinem eigenen kleinen Lebenskreis die Möglichkeit haben muß, eine kulturelle Atmosphäre zu schaffen. Denn: „Liturgie kann in der Kirche nicht gefeiert werden, wenn der Mensch im Bereich der Familie es nicht versteht! Feste zu feiern.“
Der Katholischen Männerbewegung geht es offensichtlich um das Kultur-Bewußtsein an der Basis. Sie möchte ihre Mitglieder im Ortsbildschutz, in der Pflege der Kirchenmusik, bei Bürgerinitiativen zur Erhaltung baulicher und landschaftlicher Schönheiten engagiert sehen. Gerade Ortsbildpflege und Kirchen-
musik sind Bereiche, wo in den letzten Jahren ein echter Kulturverlust festzustellen war, hier hat aber auch die lokale Initiative, wie sie von einer Pfarrgruppe ausgehen kann, echte Chancen. Aber es soll auch vor der eigenen Tür gekehrt werden. So wird im Kulturkonzept der Katholischen Männerbewegung ausdrücklich betont: „Wenn das Zweite Vatikanische Konzil die Kirche am Ort aufgewertet hat, so hat das auch für die Einstellung zur kirchlichen Bausubstanz Konsequenzen — die Dorfkirche repräsentiert die Weltkirche.“
In ihren Impulsen zur kulturellen Aktivierung hält sich die Katholische Männerbewegung vom Integralismus, der nur eine angeblich christliche Kunst gelten lassen will, ebenso fern wie von der Flucht in den Aufbau einer „heilen Gegenwelt“ im Inneren katholischer Organisationen: „Die Säkularisierung der Kultur ist ebenso wie die der Wirtschaft und der Wissenschaft weit
fortgeschritten. Die Christen werden weithin kooperieren müssen; es besteht kein Monopolanspruch.“
Im Grundsätzlichen wollen sich die katholischen Männer an eine Formulierung des geistlichen Assistenten der Katholischen Aktion, Prälat Strobl, halten, die er bei der Zehnjahresfeier des Konzils vor der CV-Bildungsakademie geprägt hat: „Bei der Aufgabe der Kirche <im politischen Bereich geht es vor allem auch um die Frage, der Kultur. Dabei gilt es weniger, Forderungen zu stellen, sondern mit den politischen Machtträgern darüber zu ringen, daß das Humane, das, was Jiultur' eigentlich meint, erhalten bleibt und ausgebaut wird.“ Und sarkastisch ergänzte Strobl damals: „Es hat den Anschein, als würde heute eher Kirchenpolitik, ja ,Kultuspolitik' betrieben werden als Kulturpolitik'“. Hier möchte nun die Katholische Männerbewegung „nach Salzburg“ eine entschiedene Kurskorrektur in die Wege leiten.
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