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Lambadakur

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Ich bin in sportlicher Beziehung ja nicht ohne, liebe Paragleiten und Motorradfahren, habe mich schon todesmutig die Hahnen- kammabf ahrt (Herren) in Kitz und die Weltbobbahn in Moritz hinun- tergestürzt, pflege dreimal wö- chentlich sechs Kilometer zu jog- gen, von den acht Hundertmeter- bahnen in ordentlicher Zeit mitt- wochs im Hallenbad ganz zu schweigen - aber Bodybuilding ist bei mir vor allem als Partnerschafts- hobby nun endgültig out!

Das fing ja zunächst ganz harm- los an: ein arbeitsloser Freund meines Mannes eröffnete ein Fit- neßstudio und lud uns für zwei Stunden gratis zum Schnuppern ein. Nun ja, zunächst bekehrten mich die Anschaffung irrer neuer Klamotten mit hohem Beinaus- schnitt in mint/türkis sowie gewis- se Anfangserfolge bei meiner Zel- lulitis. Außerdem überzeugte mich ein zufällig zur selben Zeit stattfin- dender Managementkurs für die Karrierefrau, bei dem ich vom rich- tigen Verhältnis der Körperan- und -entspannung und deren Dreidi- mensionalität gehört hatte.

Doch die „Nebenwirkungen" in unserem Zusammenleben waren schlicht katastrophal!

Das geringste Problem war noch die radikale Umstellung unserer Ernährungsgewohnheiten.. Nicht nur, daß nur noch Fisch und Gemü- se auf den Teller kommen sollte, ab sofort quoll auch der Eßtisch über von diversen Pülverchen mit Koh- lehydraten, Mmeraldrinks, Eiweiß-präparaten und Vitamintabletten, für jeden von uns in anderer indivi- dueller Zusammensetzung, versteht sich. Mit oben genannten Ingredien- zien ein phantasievolles Menü zu- sammenzustellen, gelang uns im- mer seltener, wie unsere spärlicher werdenden sozialen Kontakte, sprich spontanen Freundesbesuche, signalisierten.

Ich gewöhnte mich auch so nach und nach daran, daß unser Schlaf- zimmer im wörtlichen Sinn zu ei- nem Fitneßcenter umgestaltet wurde: an dereinen Dreimeterwand wurde ein Regal allein für seine Hantelkollektion eingerichtet, das Renaissancebett vom Flohmarkt mußte einer Trampolinwiese wei- chen und die mühsam hochgepäp- pelte Zimmerpalme einem Beincur- ler. Meine Klamotten mußten dar- aufhin in eine Winter- und Som- mersaison geteilt und jeweils alter- nierend im Keller untergebracht werden. Wobei er nicht mit der Wimper zuckte, als im feuchten Keller meine italienische Reinsei- den- und Baumwollgarderobe vor sich hinschimmelte: Getröstet hat er mich vermeintlich mit zugege- ben todchicen schneeweißen Da- mengewichten für mich.

Aber zwei Tage lang habe ich mit ihm kein Wort mehr gesprochen, als ihm beim gemütlichen Brunch am Sonntag die mittelschweren Hanteln ins Müsli fielen, nur, weil er lässig jede freie Minute nebenbei für seine Körperkräftigung nutzen wollte!

Und als in die Kochwäsche seine mahagonifurnierten Edelhanteln mit hineingeraten waren, diese sündteure Handanfertigung, dieein Weihnachtsgeschenk meinerseits waren, da habe ich endgültig und eigenmächtig unser Fitneßabonne- ment gekündigt und uns beim Lambadakurs angemeldet.

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