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Leben aus der Retorte -der Mensch als Schöpfer?

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Die „Krönung“ seines Lebenswerkes nennt einer der „Väter“ des ersten „Retortenbabys“ der Welt, der britische Arzt und Wissenschafter R. G. Edwards aus Cambridge, seine Versuche mit der sogenannten Stammzellentherapie.

Diese Heilbehandlung stark vereinfacht und an einem Beispiel dargestellt: ein Patient leidet an Leberzirrhose. Unheilbar. Aus einem lebenden Embryo wird genau jene Zelle entnommen, aus der sich die Leber entwickelt, und in das kranke Organ injiziert. Daraus entsteht ein neues, wiederum funktionstüchtiges Organ.

Der Zirrhose-Patient überlebt, der Embryo stirbt.

Bloß eine Organspende oder doch mehr? Immerhin wird bei der Stammzellentherapie der Tod eines menschlichen Embryos bewußt in Kauf genommen, um einem anderen Menschen das Weiterleben zu ermöglichen.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist klar, daß die Behandlung unfruchtbarer Paare durch Zeugung in der Retorte auch andere Dimensionen eröffnet, als auf den ersten Blick sichtbar sind.

„Der Mensch in Schöpferpose?“ Das Fragezeichen, das die Veranstalter eines „innerkatholischen Gesprächs“ zur „Künstlichen Befruchtung“ hinter den Veranstaltungstitel gesetzt hatten, erwies sich nach den wissenschaftlich nüchternen Ausführungen des Universitätsdozenten der I. Wiener Frauenklinik, Johannes Huber, über Methoden und Möglichkeiten künstlicher Reproduktionstechniken beim Menschen eher als unnötig.

Längst hat die Forschung in den Laboratorien ein Tor aufgestoßen, das so leicht nicht mehr zu schließen sein wird. Aber die Gesellschaft wird sich zumindest bewußt werden müssen, welche Gefahren einerseits und welche Chancen andererseits der medizinwissenschaftliche Fortschritt auf diesem Gebiet eröffnet.

Dementsprechend unterschiedlich fielen bei diesem Gespräch, zu dem der Katholische Familienverband Österreichs, das Institut für Ehe und Familie und der österreichische Laienrat am 24. April geladen hatten, die Bewertungen der künstlichen Repco-duktionstechniken beim Menschen aus.

Was die „Retortenzeugung“ zwischen Ehepartnern anlangt, so wiederholte der Innsbrucker Moraltheologe Hans Rotter jene Auffassung, die mehrere westeuropäische Bischofskonferenzen einschließlich der österreichischen zu der ihren gemacht haben: grundsätzlich keine Einwände. Auch wenn der Papst in Rom da vielleicht noch anders denkt.

Die Meinungsbildung unter den Katholiken wird jedenfalls rasch zu einem Ergebnis kommen müssen, will man von der rasanten wissenschaftlichen Entwicklung nicht überrollt werden. Und es wird notwendig sein, zumindest zu den wesentlichen Begriffen und Methoden der künstlichen Fortpflanzungstechniken eine gemeinsame Sprache zu finden.

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