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Nippes und Neodada

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Das Museum des XX. Jahrhunderts stellt in einer konzentrierten Schau die bisherige Entwicklung des Objekfertigers Cornelius Kolig vor. Der 1942 in Vordern'berg geborene Kärtner begann 1963 im damaligen s geistigen Umraum der „Galerie nächst St. Stephan“ mit sogenannten „Röntgenplastiken“ — quaderförmigen Holzstücken, in die er Nägel trieb, um das Ganze dann mit einem Röntgenfilm zu photographieren. An diese Phase schloß sich die der Organplastik an — aus Kunststoff | verfertigte Pseudoorgane, ein eher naturalistisches Gekröse, die dann 1968 bis 1973 von den Plexiglasobjek-ten abgelöst wurden. Hier handelt es sich um meist mainmellare Formen, entweder zuckerlfarbig, durchsichtig oder bronziert, innen beleuchtet oder unbeleuchtet, die auch an Transformatoren oder Isolatoren, an technische Formen erinnern, aber funktionslos sind. Von 1967 bis 1970 und von 1972 bis 1974 entstand auch eine Reihe von sogenannten „Pneumatischen Skulpturen, Simulatoren, Tast-Temperatur- und Reizstromobjekten“, zum Teil auch in der Ausführung recht simple Ideen, die es als japanische Tastplastik, als Fernsehleuchten mit aufsteigenden Ölblasen als Resultate eines Amateurdrechslers, als Vibrator in einschlägigen Geschäften oder als „Brave New World“-Gags im Laboratorium der Antikunst schon längst gegeben hat. Fazit: Moderne Nippes und aufwendige Spiele.

Nach Paul Wunderlich stellt die „Galerie Spectrum“ in der Mahlerstraße nun den Italiener Enrico Bai (geb. 1924) vor, von dem in der vorjährigen Ausstellung der italienischen Malerei der Gegenwart eine boshaft witzige Assemblage zu sehen war. Baj gehört zur Arrieregarde des Dadaismus, der zur Zeit seiner Geburt bereits das Zeitliche gesegnet hatte und den er nun teilweise sogar mit Witz zu einer ertragreichen Konfektionsware macht. Von Witz ist allerdings; in dieser Ausstellung wenig zu spüren. In ihren Ölbildern, Collagen, Multiples und Multi-Me-dia-Druckgraphiken (meist mit Filter bestäubte Siebdrucke) wird von Max Ernst über Miro, von Brauner und Wols bis Picasso und George Grosz fast nur zitiert, sogar so weitgehend, daß der „Corporal“ zu einem Selbstzitat Bajs nämlich des „Stratege au double jeu“ wird. Am nettesten noch die „Personnage au mir-oir“, die, aus Spiegelstücken zusammengesetzt, einen passablen Einfall vertritt. Die „Variationen“ auf die „Demoiselles d'Avignon“, auf „Guer-nica“ und die „Modelle“ von Seurat wirken wie Comic-Strip-Bearbeitungen von Klassikern. Alles in allem Neodadaistische Konfektionsware zu überhöhten Preisen (bis zu 260.000 Schilling).

In konsequenter Fortführung seiner bereits in der Akademieausstellung angedeuteten jüngsten Entwicklung stellt Josef Mikl in der Galerie Würthle in der Weihburggasse eine ganze Reihe von neuen Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen aus, die meistens Blumen, Blüten und Zweige, aber auch Zuckerrüben zym Gegenstand haben. In hastigen, kalligraphischen Zügen und verschwiim-menden Farben niedergeschrieben, sind es weniger Studien — das heißt Auseinandersetzungen mit dem Gegenstand — als flüchtige Notizen und Anmerkungen. Am ausgeglichensten wirken die mit dem Tuschholz notierten Zeichnungen, bei denen auch das Material die sich auffächernden Strukturen unterstützt und jene der Ölbilder oder der Aquarelle die im großzügigen Duktus an Zen-Male-rei erinnern: „Kastanienaweige“, „Feldblumenstruß“, „Aaronstalb“, „Blumenstrauß“.

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