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„Nullwachstum?“

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Daß die Kunst des Klavierspielens in Wien seit je eine besondere Heimstätte hat, beruht einerseits auf der Vorliebe für Kammermusik-Ensembles mit Klavier (heute leider fast nur noch passiv — im Konzertsaal und nicht als Hausmusik — genossen), anderseits auf dem Ahnherrn modernen Klavierspiels, den schon sein Name als Wiener verrät: Carl Czerny. Der Beethoven-Schüler, der zeitweise sogar den Ruhm seines Lehrers als Komponisten zu verdunkeln vermochte, gab den „goldenen Ball“ der Erfahrung unter anderem an Franz hiszt weiter, und es ist eine reizvolle Aufgabe, die Kette des Lehrer-Schüler-Verhältnisses quer durch Europa zu verfolgen ...

Die Künstler, die man in unseren Tagen gerne als Vertreter der Wiener Klavierschule sieht, sind alle bereits über 40 Jahre alt, aber nur drei sind geborene Wiener: Alexander Jenner, der Temperamentvolle, Friedrich Gulda, der Eigenwillige, und der ausgeglichene Paul Badura-Skoda, der mit seinem aus St. Pölten gebürtigen „vierhändigen Klavierzwillingsbruder“ Jörg Demus zu den besonderen Lieblingen des Wiener Publikums zählt. Gulda komponiert und spielt auch Jazz, und auch die Puristen haben dem Pianisten von unbestritten internationalem Format schon längst verziehen, daß er nicht nur „Museumsdiener“ sein will, Badura trat auch als Autor über Fragen der Interpretation Mozartscher Musik hervor, Demus sammelt alte Klaviere...

Hier berühren sich die Interessen mit denen von Hans Kann, nur der feinsinnige Walter Klien, der jüngst in Strawinskys „Konzert für Klavier und Blasorchester“ seine ausgefeilte Technik zeigte, beschränkt sich auf sein Instrument ebenso wie der vielleicht Größte aller, Alfred Brendel, derzeit in London lebender Schubert-und Liszt-Apostel. (Am 1. März konzertiert er im Musikverein!) Schon aber drängt reif gewordener „Nachschub“ heran, man denke bloß an Rudolf Buchbinder oder den feinen Kammermusiker Heinz Medjimorec. Und schließlich, wer sich die Zeit nimmt, an stilleren Konzerttagen den Brahmssaal, das Palais Pälffy oder gar Musikakademie oder Konservatorium aufzusuchen, der merkt: Wien ist weit entfernt von einem pianistischen „Nullwachstum“.

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