6803721-1971_47_12.jpg
Digital In Arbeit

In memoriam Strawinsky

Werbung
Werbung
Werbung

Woche zeitgenössischer österreichischer Musik . In der Zeit vom 21. bis 28. November finden folgende Konzerte statt: 21. November, 10 Uhr, Hochschulkirche St. Ursula: Musikalischer Gottesdienst mit der Missa brevis in C von Anton Heiller. 19.30 Uhr Mozartsaal: Chorkonzert mit Werken von Brahms, Hindemith, Kra- tochwil, Romanowsky, Haubenstock-Ramati und Schönberg. — 22. November, 19.30 Uhr, Großer Sendesaal des ORF: Ensemble „die reihe“ spielt Stücke von Logotethis, Iray Schimi, Junsang Bahk und K. M. Horvath. — 23. November, 20 Uhr, Zentralsparkasse: Ensemble 20. Jahrhundert spielt Kompositionen von Rüdenauer, Djambazian, Dimow und Cerha. — 24. November, 19.30 Uhr, Großer Sendesaal des ORF: Kammerkonzert mit Werken von Kfenek, Wellesz, Scholium und Kubizek. (Die Programme der übrigen Tage werden wir in der nächsten Folge der „Furche“ veröffentlichen.)

Die Wiener Konzerthausgesellschaft ist zu loben, daß sie diesen vierteiligen Zyklus „In memoriam Igor Strawinsky“ veranstaltet. Peter Keuschnig und das aus Mitgliedern der Symphoniker bestehende Ensemble „Kontrapunkte“ sind die Richtigen, denen die Ausführung anvertraut wurde. Das 1. Konzert vereinigte Werke aus den Jahren 1915 bis 1932, also aus Strawinskys neoklassizistischer Periode. Aber was sagt das schon angesichts der Vielfalt der Formen und einer spielerisch waltenden Phantasie, die immer neue überraschende Kostbarkeiten schafft!

„Berceuses du chat“ von Anne Gjewang mit schöntimbriertem Mezzo gesungen und von drei Kla-

„Katzenwiegenlieder“

Zeichnung von Larionow rinetten begleitet, reichen noch in die „russische Periode“. Die beiden Suiten für Kammerorchester haben parodistischen Charakter und wurden brillant und mit Witz wiedergegeben. Das Concertino für zwölf Instrumente von 1920 und das Bläseroktett von 1923 gehören zu jener Gruppe von Kompositionen, die in der Debussy gewidmeten Bläsersymphonie kulminierte.

Höhepunkt des Abends, zugleich auch das umfangreichste (aber keineswegs „lange“) Werk war das „Duo concertant“ für Violine und Klavier aus dem Jahre 1932. Strawinsky hat mit ihm eine lyrische Komposition geschaffen, die in Parallele gesetzt werden kann zu den berühmtesten bukolischen Dichtern des Altertums. „Es gibt keine lyrische Sprache ohne Regeln, und diese Regeln müssen streng sein. Ohne sie ist Lyrik nur ein Gefühl, und das allerdings gibt es überall“, schrieb einmal Charles Albert Cingria. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist die absolut neuartige, selbständige Prägung, die Strawinsky dem Klangmaterial gegeben hat. Man glaubt, zum ersten Mal den Klang des Klaviers und den der Geige — sowie ihr Miteinander — zu erleben. So etwas gelingt nur einem großen Meister. Entsprechend war auch die Wiedergabe durch Georg Sumpik und Rainer Keuschnig. Gäbe es einen Interpretationspreis für Kammermusik — er wäre für diese Aufführung beiden jungen Musikern zu verleihen.

Ein wenig aus dem Rahmen fielen „Three Songs from Shakespeare“ aus einer viel späteren Zeit (1953). Sie sind von spröder Schönheit und erinnern daran, wie Strawinskys weiterer Weg verlaufen ist.

Dem ausgezeichneten Dirigenten und den mit echtem Engagement spielenden Musikern wurde lebhaft applaudiert Aber wie kommt es, daß ein solches Konzert von jüngeren Leuten, vor allem von Studierenden der Akademie nicht gestürmt wird? (Im Saal gab es viel zu viel leere Plätze!)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung