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Quadri am Pult, Gulda am Klavier

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Was Rossini für ein kluger Mann war, hört man aus der Ouvertüre zu seiner Oper „Othello“ von 1816, in der er diese trübselig-dumme Geschichte — nach dem Libretto eines noblie dilettante — endlich einmal von der heiteren Seite gesehen und dargestellt hat. Mit dem elegant-buffonesken Stück leitete Maestro Argeo Quadri sein Konzert mit den Wiener Symphonikern im Großen Konzerthaus saal ein. — Hierauf spielte Peter Frankl, ein Künstler in mittleren Jahren, der 1956 seine ungarische Heimat verließ und seither in London lebt, das Klavierkonzert von Robert Schumann, in welchem er mehr die lyrisch-medidativen als die brillanten Züge hervorhob (die dieses Werk ja ebenfalls aufweist). — Nach der Pause folgte ein Frühwerk Werner Egks, die „Quattro Canzoni“, farbig und effektvoll instrumentiert, mit einem schwierigen Solopart, den Irmgard Seefried in bester Form vortrug. Der feine und sensible, jeder nur äußerlichen Geste abholde Musiker Quadri, den wir immer wieder gern am Pult der Volksoper sehen, kam am besten in den vier Stimmungsbildern der „Fontane di Roma“ zur Geltung, die der viel zu früh (1936) verstorbene Ottorini Respighi bereits 1916 geschrieben hat und die heute wie damals ihren Klangzauber ausüben. Die hellen und die dunklen Farben, der Triumphzug Neptuns und die melancholische Abendstimmung um die Villa Medici kamen gleicherweise zu poetischer Wirkung.

Im überfüllten Großen Musikvereinsaal konzertierte Friedrich Gulda. In der ersten (kürzeren) Hälfte spielte er mit gewohnter Brillanz und Distanz zunächst sechs Stücke von Couperin. Der Meister der französischen Claveeinisten hat deren etwa 230 geschrieben und auf 27 Suiten verteilt, die er „ordres“ nannte. Trotz aller Raflnesse Guldas in bezug auf Anschlag, Phrasierung und Artikulation erwiesen sich mindestens drei von diesen bezaubernden Miniaturen als nicht auf den modernen Konzertflügel übertragbar. — Darnach folgte J. S. Bachs berühmtes „Italienisches Konzert“, von Gulda fest angepackt und virtuos vorgetragen. — Debussys „Suite pour le piano“ ist jenes Früh werk, in welchem dem Komponisten zum erstenmal die Synthese von klassischem Geist und impressionistischem Farbgewand gelang — für Gulda ein dankbares Sujet, seine Klangzaubereien spielen zu lassen. Die abschließende Toccata wurde mit aller ihr zukommenden Rasanz heruntergedonnert. Im zweiten Teil des Konzerts hörte man Gulda-Jazz, ausgeführt vom Komponisten am Flügel, Jimmy Woode, Baß, und Albert Heath, Schlagzeug. Die fünf Vortragsstücke zeigten die bekannte Gulda-Mischung von präklassischen Formen, impressionistischen Akkorden und Jazztechnik. Das ebenso raffinierte wie (scheinbar) impulsive Musizieren der drei Virtuosen und Ihre genau kalkulierten „Improvisationen“ lösten stürmischen Beifall aus, an dem sich nicht nur die jüngeren Zuhörer beteiligten.

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