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Philharmoniker, Liederabende

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Das 8. Abonnementkonzert der Wiener Philharmoniker kann als „hauseigen“ — und trotzdem als außerordentlich bezeichnet werden. Unter Horst Steins Leitung spielte der Konzertmeister des Orchesters, Gerhart Hetzel, den musikalisch anspruchsvollen, mit Schwierigkeiten gespickten Solopart von Bartöks Violinkonzert aus den Jahren 1937/ 38, welches das letzte größere Werk ist, das Bartök in seiner ungarischen Heimat (vor seiner Emigration, aus der er nicht mehr zurückkehren sollte) geschrieben hat. Hier sind, in vollkommener Weise, jene Maximen verwirklicht, die immer schon Bartöks Schaffen bestimmt haben: gesteigerte Expression, Zuwendung zu den rhythmischen Urelementen der Musik, konsequente Linearität der Stimmführung und kontrapunktische Konzentration. „Nicht so unmittelbar, nicht so funkelnd wie Strawinsky, nicht so dogmatisch wie Schönberg, ist er doch mehr zuinnerst Musiker als die beiden andern, dessen Entwicklung sich in der gleichmäßigsten und geordnetsten Auswirkung seiner Kräfte vollzog“, so schrieb einmal Arthur Honegger über seinen großen Kollegen. Solche Werke, an denen sich das philharmonische Publikum orientieren könnte, sollten öfter auf den Programmen eines Orchesters stehen, in dessen Mitte Musiker wie Leitermeyer, Fürst, Hübner, Prinz Berger u. a. wirken, die — jeder auf seine Art — direkte Beziehungen zur Musik der Gegenwart haben. — Den 2. Teil des Programms bildete eine ausgezeichnete Wiedergabe von Bruckners III. Symphonie. H. A. F. *

Ein Wiedersehen mit Elisabeth Schwarzkopf im Brahms-Saal: Das Publikum tobte vor Begeisterung. Der Abend selbst enttäuschte. Man mußte sich an die Erinnerung, an der Schwarzkopf große Abende halten ... Sie sang ausgewählte Lieder von Hugo Wolf, nach Eichendorff, Mörike, Goethe. Aber wo Wolf ruhiges Verströmen der Stimme, klare Phrasierung, Intimität verlangt, zerstörte sie die Bögen durch nervös-flattsrnde Diktion, kehlige Einsätze, häufiges Distonieren. Die Textdeutlichkeit ließ manches zu wünschen übrig. Wenn dennoch einzelne ihrer Wiedergaben an alte Zeiten erinnerten, so lag das an Elisabeth Schwarzkopfs Stärke, psychologisch interessante Momente ungemein ausdrucksvoll, wenn auch gegen jeden „Schöngesang“ zu gestalten. Geoffrey Parson begleitete mit großer Zurückhaltung: ein einfühlsamer Künstler, der auf dem Flügel eine raffinierte Klangpalette auffächerte.

KHR

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Einer der letzten großen Alten der Pianistenelite, der fast 70jährige Claudio Arrau, wurde in seinem Konzert im Großen Musikvereinssaal freudig begrüßt. Es erübrigt sich, über die technischen Vorzüge des viel zu selten in Wien erscheinenden Künstlers zu sprechen, über seinen vielfach differenzierten Anschlag, sein gesangvolles Legatospiel, die federnde Eleganz der Passagen. Im Vortrag der eingangs gespielten C-Moll-Fantasie und der C-Moll-Sonate erwies sich Arrau als ein stark der Romantik zuneigender Mozart-Interpret und nahm damit den Stil der Abschlußnummer, Schumanns „Camaval“, voraus. Ein ganz anderer ist er in Beethovens C-Moll-Sonate, op. 111. Da zieht er alle Register seiner Kunst, über Auslegungsphasen vom dramatischen Donnergrollen bis zur subtil ver-hauohten Kantilene verfügend, wahrt dabei aber stets die richtigen Grenzen einer subjektiven Auffassung in Tempo, Agogik und dynamischer Nuancierung. Arrau wurde, obwohl auch diesmal seiner bekannten Ablehnung von Zugaben getreu bleibend, stürmisch gefeiert.

Julia Hamari hat sich schnell in den Kreis erster Altsolistinnen hinaufgesungen. Daß diese Einreihung in fast gleicher Weise auf ihre musikalischen wie stimmlichen Meriten zurückzuführen ist, bewies ihr Liederabend im Mozartsaal. Die Ausstrahlungskraft ihres warmen, gut gebildeten Organs bewährt sich am besten in der sonoren Mittellage, die weiche Tiefe spricht nicht sehr ergiebig, um so fülliger die ausladende Höhe an. Das abwechslungsreiche Programm setzte sich aus fünf kontrastreichen „biblischen Liedern“ von Dvorak, Schumanns „Liederkreis“ und fünf ausdrucksstarken Gesängen von Bartök zusammen; die letztgenannten, in ungarischer Sprache gesungenen überantworteten dem Klavierpart das gleiche, ernste, dunkle Stimmungen nachzeichnende Aussagepotential wie der Gesangsstimme. Hier bewährte sich Konrad Richter als vortrefflicher Flügelmann, er verstand es auch, die Nachspiele bei Schumann in solistische Fantasiestücke umzuwandeln. Der leider schwach besetzte Saal spendete lebhaften Beifall.

• Ein 2500 Jahre altes Boot ägyptischer Herkunft hat ein sowjetischer Bautrupp bei Orsk am Flusse Ural, 700 Kilometer landeinwärts vom Kaspischen Meer, entdeckt. Fachleute sind der Ansicht, daß der Fund auf Handelsbeziehungen zwischen Nomadenstämmen und den Siedlungen an Nil, Tigris und Euphrat hindeutet.

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