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Pflegestätte der christlichen Soziallehre

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Der Zweigverein Vorarlberg des (Wiener) Vereins für Sozial- und Wirtschaftspolitik, der sich analog zum Wiener Dr.-Kummer-Institut in Vorarlberg ebenfalls Dr.-Karl-Kummer-Institut Vorarlberg bezeichnet, hat in letzter Zeit ganz neue Initiativen gestartet, die für die katholische Gesellschaftspolitik von Bedeutung sind. Wenn dabei auch vor allem die besonderen Verhältnisse in Vorarlberg zur Grundlage der Arbeiten genommen werden, so wird doch auch versucht, nach Wien Impulse zu geben.

Die Arbeitsgruppe Vorarlberg besteht schon seit 23 Jahren. Sie hatte, teüweise unter direkter Mitwirkung von Dr. Karl Kummer, hier eine Reihe von sozialen Tagungen durchgeführt, teils in Dornbirn, teils in Feldkirch, wobei die Tagung über die soziale Funktion der Volksaktie auch zu einem sichtbaren Ergebnis in Form einer Druckschrift führte. Die ersten zwölf Jahre stand dieser Zweigverein unter Leitung von Theodor Veiter, die folgenden zehn Jahre unter jener von Ignaz Wüstner, Bregenz, der vor allem eine Reihe von sozialen Schulungskursen in den einzelnen Betrieben auf zeitweilig sehr breiter Basis verwirklichte. Seit 1975 steht der ÖVP-Na- tionalratsabgeordnete Dr. Gottfried Feurstein an der Spitze, der als Abgeordneter viel in Wien ist und dort den Kontakt mit dem Wiener Institut pflegt, dem es aber auch gelungen ist, in Vorarlberg neue Kräfte, auch solche aus der Wirtschaft, zu gewinnen.

Univ.-Prof. Dr. Anton Burghardt hob anläßlich der Generalversammlung hervor, daß sich das Institut der katholischen (und nicht allgemein einer christlichen) Gesellschaftslehre verpflichtet weiß. Im Herbst 1976 veranstaltete das Vorarlberger Institut eine Soziale Tagung über Probleme der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, auf der auch teilweise keineswegs konforme Grundthesen vorgetragen wurden.

Bemerkenswert ist beim Kummer-Institut Vorarlberg, daß es auch Mitarbeiter aus dem Bereich der gewerblichen Wirtschaft, der Handelskammer und des österreichischen Wirtschaftsbundes hat, also nicht nur solche aus der Fraktion christlicher Gewerkschafter oder aus dem ÖAAB. Die in Vorarlberg vorhandene katholische Substanz ist hiefür sicherlich mit maßgebend. Von maßgebenden Politikern ha ben sich Arbeiterkammerpräsident Bertram Jäger (Vorstandsmitglied), aber auch mehrere Mitglieder der Vorarlberger Landesregierung (LH Dr. Kessler, LR Fredy Mayer, LR Gasser) zur Mitarbeit bereitgefunden. Man weiß hier sehr genau, daß ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notwendigkeiten keine gesunde Sozialpolitik betrieben werden kann.

Daß diese Politik eine soziale, aber niemals eine sozialistische sein kann, daß also die seitens der SPÖ gepflegte Propagierung einer Identität zwischen „sozialistisch“ und „sozial“ Österreich nicht dienlich ist, ja, daß „sozial“ geradezu das Gegenteil von „sozialistisch“ ist, wird dabei herausgestellt.

Daher hat sich das Kummer-Institut Vorarlberg auch gegen den „Zentralfonds“ gewendet, über den sozialistische Theoretiker die Vermö- gensbüdung in Arbeitnehmerhand aus der unteren Stufe (Unternehmen) an ein von ihnen gesteuertes zentrales Mammutgebilde in Wien übertragen wollen. Es wurden in letzter Zeit aber auch Klarstellungen geboten und Forderungen aufgestellt, die sich mit der gewiß heiklen Frage nach dem Privateigentum an Grund und Boden befassen. Die aus Kreisen der SPÖ in Wien gekommene Forderung, das Wohnungseigentum, mindestens im Falle öffentlicher Förderung, auf die Gesellschaft, also den Staat, zu übertragen und dem bisherigen Eigentümer (und erst recht dem künftigen „Eigentümer“) nun noch nach jugoslawischem Vorbüd das auf Dritte nicht übertragbare Nutzungseigentum umzuwandeln, wird in Vorarlberg als ein Versuch gewertet, den freiheitlich-demokratischen Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Kürzlich sind die ersten Hefte einer Schriftenreihe des Dr.-Kummer-Instituts Vorarlberg mit dem Titel „Argumente“ erschienen. Heft 1 befaßt sich mit der Einkommen- und Lohnsteuerreform, wobei auf Arbeiten auch des ÖAAB in Wien zurückgegriffen wird, aber Vorarlberger Spezifika dargestellt werden. Es folgt die Herausgabe der erwähriten drei Vorträge zur Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand und dann ein Heft über das Privateigentum an Grund und Boden unter typisch Vorarlberger Gesichtspunkten. Weitere Themen werden folgen.

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