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Raumplanung im Ländle

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Dank seiner landschaftlichen Vielfalt bietet das Land auf kleinem Raum gün­stige Voraussetzungen für vielfältige Nutzungen. Vorarlberg ist Industrie­land und Fremdenverkehrsland zu­gleich, wobei in kleineren Landesteilen auch noch die Landwirtschaft domi­niert. Darin liegt ein wesentlicher Vor­zug der Landesentwicklung. Aus ihr kommen aber auch zahlreiche und oft nur schwer lösbare Interessenkonflikte bei der Beanspruchung des Raumes.

Die Nutzung der verschiedenartigen Standortvorteile war besonders in den vergangenen drei Jahrzehnten durch eine außergewöhnlich dynamische Ent­wicklung gekennzeichnet. Die von einer kräftigen Bevölkerungszunahme und lebhafter Bautätigkeit begleitete wirt­schaftliche Prosperität führte dazu, daß sich der Gebäudebestand seit 1950 mehr als verdoppelt hat. Das Sied­lungswachstum ging in dieser Zeit so stürmisch vor sich, daß es in den Ge­meinden Verantwortlichen kaum noch gelang, das „Explodieren“ der Ort­schaften unter Kontrolle zu halten.

Um eine weitere Zersiedlung des Landes hintanzuhalten, hatten sich die zuständigen Stellen vordringlich um eine möglichst befriedigende Ordnung

der Bodennutzung zu bemühen. Das 1973 in Kraft getretene Raumpla­nungsgesetz verpflichtete die Gemein­den, innerhalb von fünf Jahren Flä­chenwidmungspläne zu erlassen. Über­raschenderweise konnte diese kurze Frist weitgehend eingehalten werden. Um den Gemeinden diese Aufgabe zu erleichtern, mußte sich auch die Raum­planung des Landes in erster Linie und besonders beratend mit Fragen der ört­lichen Raumplanung befassen.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Landesverwaltung trug dazu bei, daß derzeit 92 der 96 Gemein­den ihrer Verpflichtung zur Durchfüh­rung der Flächenwidmungsplanung nachkommen konnten. Nach Abschluß der Flächenwidmungsplanung treten in der örtlichen Raumplanung zuneh­mend gestalterische Fragen in den Vor­dergrund. Für eine bessere Siedlungs­gestaltung haben mehrere Gemeinden bereits damit begonnen, sich mit Be­bauungsplanungen und Baulandumle­gungen zu befassen, obwohl hiefür keine unmittelbare gesetzliche Ver­pflichtung besteht.

In den vergangenen Jahren ist die Raumplanung in Vorarlberg teilweise etwas andere Wege gegangen als in der

Nachbarschaft. Dies gilt im besonde­ren für die überörtliche Raumplanung. Die Vorarlberger Landesregierung hat 1976 Grundsätze für die Raumplanung durch das Land beschlossen, in denen vor allem auf eine möglichst konkret problembezogene Vorgangsweise Wert gelegt wird.

Eine solche schwergewichtige pro­blemorientierte Vorgangsweise war al­lerdings nur möglich, weil Vorarlberg als kleines Land gut überschaubar ist und weil bei dem bereits erreichten Ent­wicklungsstand Ordnungs- und Siche­rungsaufgaben im Vordergrund stehen. Dazu gehört wesentlich die Sicherung von Freiräumen.

Ein Beispiel hiefür ist die Grünzo­nenplanung. 1977 erließ die Landesre­gierung Landesraumpläne zur Festle­gung von überörtlichen Freiflächen in der Talsohle von Rheintal und Walgau. Durch diese werden die zwischen den Siedlungsgebieten noch erhaltenen grö­ßeren zusammenhängenden Flächen im Ausmaß von insgesamt 137 Quadratki­lometern vor einer weiteren Bebauung geschützt. Im Anschluß an die Grünzo­nenplanung wurde im Rheintal auch ein regionales Netz von Radwanderwegen konzipiert.

Im Berggebiet mit seinen durch den Fremdenverkehr wachsenden Raumbe­anspruchungen verdient ebenfalls die Erhaltung von Freiräumen und die Ver­meidung von Übererschließungen be­sondere Beachtung. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf das Montafon hinge­wiesen. Hier hatten in den vergangenen Jahren Projekte für weitere Erschlie­ßungen mit Seilbahnen und Liften Aus­maße angenommen, die zur Klärung der tatsächlichen Erfordernisse eine sehr eingehende regionale Untersu­chung erforderlich machten. Eine sol­che wurde im Auftrag der Vorarlbergef Landesregierung vom österreichischen

Institut für Raumplanung 1979 abge­schlossen.

Die Ergebnisse zeigten deutlich, daß die Ausführung aller Projekte die Trag­fähigkeit des Montafons weit über­schreiten würde. Die in engster Zusam­menarbeit mit den zuständigen Stellen des Landes und der Talschaft durchge­führte Untersuchung führte zur Erar­beitung eines Konzeptes für den Aus­bau der touristischen Aufstiegshilfen im Montafon, das von der Landesregie­rung 1980 beschlossen wurde. Dem Be­darf entsprechend sind in diesem Kon­zept jedoch nur mehr etwa ein Viertel der ursprünglich vorgesehenen Er­schließungsmaßnahmen enthalten. Durch die bei der Erarbeitung des Kon­zeptes neu entwickelte Vorgangsweise und den von den Montafoner Gemein­den gegründeten Ausgleichsfonds hat das Konzept weit über Vorarlberg hin­aus Beachtung gefunden.

Neben schwerpunktmäßig durchge­führten Raumplanungsaufgaben dieser und anderer Art wurden vom Amt der Landesregierung in den vergangenen Jahren auch verschiedene Fachkon­zepte erarbeitet. Für die räumliche Ent­wicklung sind hierbei die Verkehrspla­nung und das Vorarlberger Fremden­verkehrskonzept von besonderer Be­deutung. Im Zusammenhang mit Fach­planungen wird sich die Raumplanung vor allem in den Freiräumen mit der Abstimmung der verschiedenen kon­kurrierenden Raumbeanspruchungen zu befassen haben. Darüber hinaus wird auch grundsätzliche Fragen der Landesentwicklung verstärkte Beach­tung zu schenken sein.

Der Autor ist als freiheitliches Mitglied der Lan­desregierung Tür die Raumplanung in Vorarlberg zuständig.

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