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Schach der Arbeitssucht
Welche Einstellung der einzelne zur Arbeit hat, richtet sich ganz nach den Motiven und Impulsen, von denen er sich leiten läßt. Da ist einmal das in unserer Gesellschaft so gefragte Leistungsdenken, das zur Arbeit anspornt. Und man „stürzt" sich geradezu in eine Arbeit, die Freude macht. Wächst sie einem aber über den Kopf, dann wird aus Lust bald Frust...
Es liegt offenbar im Wesen einer leistungsorientierten Gesellschaft, daß sie in zunehmendem Maße „workaholics" produziert. Ein entlarvendes Wort! Gegenüber dem eher harmlos klingenden „Arbeitstier" weckt es die Vorstellung eines rauschhaften Zustandes: Arbeit nicht nur als Selbstbestätigung, sondern als Selbstbetäubung! Und damit wird selbst die Freizeit zum Problem: der „workaholic" empfindet sie als Leerlauf, denn er kann ganz einfach nicht mehr „abschalten".
Mit der Zeit kann jede Arbeit zur Routine werden. Doch dann droht erst recht die Gefahr des inneren Leerlaufs, der Selbstentfremdung und Beziehungslosig-keit, was sich auch für den geistlichen Bereich negativ auswirken kann. Das hat schon der heilige Benedikt erkannt. Seine „Lebensregeln" werden in dem ausgezeichneten Büchlein „Bete und Arbeite" (von Fidelis Rup-pert und Anselm Grün, Vier-Türme-Verlag) aus heutiger Sicht neu dargestellt. Eine höchst anregende Lektüre, von dernicht nur Christen profitieren können, sondern all jene, die zur Arbeit ein verkrampftes Verhältnis haben.
Der Grundgedanke des Buches ist schon im Titel vorgegeben: durch den sinnvollen Wechsel von Gebet und Arbeit gelangen wir zu einer gesunden, ausgewogenen Lebensführung, die uns vor Exzessen schützt. Um zu verhindern, daß Arbeit zum Selbstzweck oder Hindernis für die geistliche Entwicklung wird, hat Benedikt als besondere Übung für die Mönche die sogenannte „nepsis" entwickelt, die auch für unser heutiges Arbeitsverhältnis befruchtend sein kann. Dadurch werden wir angeregt, alle Gefühle und Gedanken, die bei der Arbeit aufsteigen, zu beobachten. Also Arbeit als Chance für eine tiefere Selbsterkenntnis: man geht den innersten Regungen des Herzens auf den Grund, und wenn es böse Gedanken sind, die plötzlich auftauchen, dann werden sie nicht verdrängt, sondern der Mönch hält in seiner Arbeit inne, um den Dialog mit dem allgegenwärtigen Gott zu suchen. Sicherlich ist das Gebet kein Allheilmittel. Aber im Aussprechen negativer Gefühle und Gedanken vor Gott wird Heilung möglich: „Wo ich ihm ehrlich meine Schwäche hinhalte, kann seine Gnade einbrechen"(S. 30).
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