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Theater der Begegnung

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In der abgelaufenen „Woche der Begegnung“, die zum fünftenmal von der Stadt Klagenfurt gemeinsam mit dem ORF veranstaltet worden war, wurde diesmal das Thema „Theater zwischen Tradition und Utopie“ eingehend diskutiert, wobei man sich bei den „Symposien“ eigentlich nicht einig wurde, ob man dem Begriff „Stadttheater“ das Wort reden solle oder ob dem aus der Gruppe und der Kommune erwachsenden Spiel (Adolf Muschg, Zürich) Vorzug zu geben sei. Auch über Mitbestimmung (Wolfgang Deichsel, Frankfurt, Theater am Turm) wurde diskutiert und von Hennig Rischbieter, Hannover, Dr. Reinhard Baumgart, München, und anderen manches kluge Wort in die Diskussion geworfen, die von Dieter Forte, dem in Basel lebenden Dramatiker, nicht gerade überzeugend mit dem Tagungsthema eröffnet worden war. Daß nach dem Verlauf dreier Referate das Ergebnis nur darin bestand, daß man eine Protestresolution zugunsten der Absa-mer Lehrerin Dr. Agnes Lercher beschloß, die wegen der so erschrecklichen Tat, den Schülerinnen Kroetz' „Stallerhof“ vermittelt zu haben, entlassen worden war, beweist, daß. wie schon oft, die Gespräche dem Hornberger Schießen gleich ausgingen.

Zu den Symposien war als lebendiges Beispiel das Theater gekommen: die Tradition vertrat Shaws „Pygmalion“ auf eine recht unglückliche Art — Hans-Joachim Kulen-kampff und ein zusammengewürfeltes Tournee-Ensemble aus Basel brachten die Komödie in einer Aufführung, die man in jeder Hinsicht als Katastrophe bezeichnen konnte. Kulenkampffs Higgins war einem Quiz entstiegen, bei dem keiner gewinnen konnte — weder die Veranstalter noch das geduldige Publikum, und die Darstellerin der Eliza fand mit Tarzanschrei und gespreiztem Gehaben ihr Auslangen.

Nicht besser erging es der Gegenprobe, die für das „Theater der Utopie“ stand: Ein „bürgerliches Lustspiel“, das Wilhelm Pevny („Sprin-torgasmik“ u. a.) unter dem Titel „Theaterleben“ geschrieben und auf 60 Minuten Fernsehspieldauer gemeinsam mit dem „Dramatischen Zentrum“ verarbeitet und gekürzt hatte, erstickte an dem zu großen Bissen. Stoff für fünf Bühnenstücke fand sich in verschiedene Ebenen geschichtet und damit „außer Form“ gebracht. Blieb nur die Feststellung, daß hier ein Stück, das in einem Irrenhaus die Insassen Rollen spielen und Text sprechen läßt, nur als Vorhaben ernst zu nehmen war. Das Durcheinander, in dem Hitler und Napoleon, Krupp und Hamlet, die Politiker des gegenwärtigen und vergangenen Deutschland und andere zu tun hatten, bewies, daß dem Autor der Vorwurf entglitten war. Die sich anschließende Diskussion — Anhang gegen die bösen Kritiker — heizte die Stimmung an und auf; die Glut wirkte noch am nächsten Morgen nach und veranlaßt« Turrini zur Behauptung, der Kritiker sei der Feind der Autoren. Und dann gab ein Wort das andere bis zum versöhnlichen Abschluß. Wie es aber in Zukunft mit dem Theater weitergehen soll, blieb unklar; feststeht: man braucht es!

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