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Nur für lebende Österreicher...
Noch ein Theater in Wien? Besteht dafür Bedarf? An sich wohl kaum. Aber Wiens neueste freie Gruppe stellt sich eine Aufgabe besonderer? Art. Sie wurde von einem Autor, Günter Seidl, gegründet, nennt sich „österreichisches Autoren-Theater" und wird ausschließlich Stücke lebender Österreicher spielen.
Gibt's überhaupt eine nennenswerte Zahl brauchbarer Bühnenwerke, die kein Theater herausbringen will, so daß sich die Autoren zur Selbsthilfe gezwungen sehen? Aus den Dramaturgien tönt es etwa so: Wir würden die neuen guten Stücke ja gern spielen, aber leider bekommt man mit ihnen das Haus nicht voll — außerdem gibt es sie gar nicht, sonst hätten wir sie längst gespielt.
Nur die Autoren selbst widersprechen. Ein erheblicher Teil des Publikums und etliche Kritiker glauben nämlich fest an den Mythos, es gäbe bei uns im Theaterleben eine freie kulturelle Marktwirtschaft und sind davon überzeugt, daß dort, wo die Freiheit der Kunst sogar in der Verfassung steht, „das Gute" sich auf alle Fälle durchsetzt, weshalb nichts wert sein kann, was den Durchbruch in der freien Wildbahn nicht schafft.
Es kommt ihnen nicnt m den Sinn, daß das hartnäckige Ignorieren aufführungswürdiger Texte auch mit Feigheit, Blindheit, Anpassungsreflexen, Selbstgerechtigkeit und anderen auf dem Nährboden des öffentlich erhaltenen Theaters gedeihenden Fehlhaltungen zu tun haben könnte.
Es gibt gute Argumente, die das Vorurteil, in den Stücke-Stößen auf den Dramaturgen-Schreibti-sehen schlummere nur Mittelmaß und Mist, widerlegen. Auch wer, wie ich, das Stück nicht mag, muß registrieren, daß „Die Schwierigen" von Florian Kalbeck im Theater in der Josef stadt - großes Haus! - stets ausverkauft sind.
Das Volkstheater lädt seit zwei Jahren regelmäßig Autoren zu einer Gesprächsrunde, bei der bis-
her keine einzige Autführung herauskam. Heinz R. Unger hatte nämlich den Auftrag, „Zwölfeläu-ten" zu schreiben, schon vorher. Es wurde ein Erfolg—ebenfalls im großen Haus. Ein krasser Fall ist dafür das „VT-Studio", dem Direktor Paul Blaha die Autonomie zugestand, sein totales Desinteresse an lebenden Österreichern durch ebenso totales Ignorieren der Gespräche mit denselben im eigenen Haus zu demonstrieren.
Keine Rede davon, daß lebende Österreicher, so sie überhaupt gespielt werden, beim Publikum öfter durchfallen als das, was die Etablierten für kein Risiko halten. Günter Seidl, dessen Stücke „Die geputzten Schuhe" und „Die Krankengeschichte der Christine S." vom Volkstheater samt Studio abgelehnt wurden, hatte mit in
Eigenregie organisierten Produktionen beachtlichen Erfolg.
Die dabei gewonnenen Erfahrungen führten zur Gründung des Autoren-Theaters. Vereinsmitglieder und Mit-Organisatoren sind Autoren - ich gehöre dazu, ergreife also nicht nur, sondern bin auch, und gerne, Partei. Es soll bewiesen werden, daß die Behauptung, es gebe keine wichtigen, interessanten und publikumswirksamen Stücke lebender Österreicher, nichts ist als ein böses Gerücht.
Eine bislang noch kraß vernachlässigte Aufgabe wird es sein, Stücke, die uraufgeführt und schnell wieder vergessen wurden, aus der Versenkung zu holen; begonnen wird mit meinem „Wunder von Wien".
Das Unternehmen ist für alle Beteiligten mit Risiken verbunden. Schon der Standort, das schöne Theater im Kulturverein Donaustadt, Steigenteschgasse 94b (fünf Bus-Minuten vom Zentrum Kagran), ist ein Handikap, aber auch eine Chance. Zur Kulisse in Hernais, die ja auch vom innerstädtischen Publikum angenommen wurde, fährt man länger ...
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