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Tirol wartet auf den „großen Brocken“

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Neuerliche „Budgetverhandlungen“ stehen den Mitgliedern der Tiroler Landesregierung noch vor Ferienbeginn mit ziemlicher Sicherheit bevor, da die Einnahmen des Landes bisher weit hinter den im Jahreshaus- halt 1977 verankerten Erwartungen zurückblieben. Im Vertrauen auf die vom Finanzministerium herausgegebene Richtlinie für Länderbudgets, die eine Einnahmensteigerung für 1977 von rund 16 Prozent gegenüber dem Voijahr voraussagte, richtete man sich in Tirol auf eine Ausgabenerhöhung von 14,8 Prozent ein.

In Wirklichkeit lagen die monatlichen Vorschüße des Bundes auf den Jahresausgleich im ersten Halbjahr kaum höher als jene des Vorjahres, nämlich bei maximal sieben Prozent. Selbst wenn im zweiten Halbjahr mehr hereinkommen sollte, ist kaum zu hoffen, daß der Fehlbetrag noch aufgefüllt werden kann. Gegenwärtig macht das Manko bereits rund 100 Millionen Schilling aus und sollte der Einnahmenzuwachs weiterhin so gering wie bisher bleiben, ist bis Jahresende mit einem Defizit von mindestens 180 Millionen Schilling zu rechnen.

Die Umsatzsteuer macht 47,3 Prozent der Gesamteinnahmen des Landes Tirol aus den gemeinschaftlichen Abgaben aus, während die Einkommensteuer nur mit 17 Prozent zu Buche schlägt. Auch die Landeseinnahmen aus der Lohnsteuer fallen bei weitem nicht so ins Gewicht wie die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer, die dem Land von Jänner bis Juni nur 369 Millionen einbrachte. Das ist um vier Prozent weniger als im Voijahr. Dabei haben die Finanzexperten gerade hier mit einem Zuwachs von 15 bis 20 Prozent gerechnet.

Warum die Prognose nicht eingetroffen ist, weiß niemand zu erklären. „Vielleicht liegt das Übel im System“, rätselt Finanzlandesrat Luis Bassetti. „Die Firmen zahlen erst bei der Endabrechnung eines Auftrages, während das Finanzamt die Vorsteuern laufend vergüten muß.“ Es wäre also schon denkbar, daß letztlich doch noch ein „großer Brocken“ hereinkommt, aber die Verantwortlichen im Innsbrucker Landhaus können es sich nicht leisten, ewig auf ein solches „Wunder“ zu warten.

Nun, nach einem halben Jahr, ist die Zeit zum Handeln gekommen - und das kann nur eines bedeuten: sparen! Zunächst werden Politiker und Beamte eine Sperre von Budgetmitteln hinnehmen müssen und schließlich wird man auch ohne echte Kürzungen nicht auskommen können. Wahrscheinlich wird schon in der nächsten Regierungssitzung darüber beraten werden und darauf müssen die Maßnahmen vom Landtag beschlossen werden.

Diese Entwicklung ist für die Tiroler allerdings kein Blitz aus heiterem Himmel. Landeshauptmann Eduard Wallnöfer hat schon seit Jahren in regelmäßigen Abständen auf die sich zuspitzende Finanzsituation in den Ländern aufmerksam gemacht und festgestellt, daß der Bund daraufhinarbeite, die Länder finanziell auszuhungern. Tatsächlich verschiebt sich der Finanzausgleich immer mehr zugunsten des Bundes und zu Lasten der Länder und Gemeinden. Bei Steuererhöhungen werden vor allem jene Abgaben angehoben, die den Ländern nichts bringen. Der Bund hilft sich mit Sondersteuern, während er den Ländern immer neue Belastungen zuschieben will. Eine Situation, die eben auch in Tirol zunehmend spürbar wird. So bleibt nichts anderes übrig als zu sparen, denn Landesrat Bassetti möchte unter allen Umständen verhindern, daß die Gesamtverschuldung noch größer wird.

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