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Trauer um F. Klostermann

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Mit Ferdinand Klostermann, der am 22. Dezember in Wien verstorben und am 30. in Linz begraben worden ist, hat der österreichische Klerus eine seiner profiliertesten Persönlichkeiten verloren.

Der 1907 in Steindorf bei Straßwalchen Geborene wurde nach kurzer Kaplanszeit während der NS-Zeit mit der schwierigen Aufgabe der Studentenseelsorge betraut: Diese war den Machthabern ein Dorn im Auge. Aus nichtigem Anlaß wurde er verhaftet und fast ein Jahr lang eingesperrt. Danach bekam er „Gauverbot“ und wurde Kaplan in Berlin.

Nach 1945 wurde er der Motor der Jugendseelsorge in der Diözese Linz. Der Jugend blieb er ein Leben lang verbunden.

Eine wichtige Wende war die Aufforderung Professor Pflieglers, sich zu habilitieren. 1962 konnte das über 1100 Seiten umfassende Werk „Das christliche Apostolat“ erscheinen, worauf er ordentlicher Professor der Pa- storaltheologie an der Universität Wien wurde. Im selben Jahr wurde er zum Konzilstheologen ernannt.

Immer wieder wies er darauf hin, daß das Apostolat eine Sache aller Christen, auch der Laien, sei. Aufgabe des Priesters sei die Gemeindeleitung. Die Gemeinde sei Zelle und Sauerteig des kirchlichen Lebens.

Im Engagement für die Kirche ging er auf. Maßstab war für ihn die Nachfolge Jesu; er war ein unbequemer Kritiker, wo er ein Zurückbleiben dahinter feststellte oder annahm. In unzähligen Diskussionen, in vielen, oft dickleibigen Büchern trat er für die Reform der Kirche ein. Bis zuletzt arbeitete er an einem Buch „Die Zukunft der Ökumene“.

Aber auch die Politik konnte ihn erregen: Wo er Unwahrhaftigkeit oder Ungerechtigkeit vermutete, konnte er bis ins hohe Alter in Zorn geraten; selbst nannte er sich einen „zornigen alten Mann“.

Er liebte Bergtouren, Schiabfahrten, Wanderungen mit Freunden. Und immer wieder Gespräche: nicht nur über Theologie, auch über Literatur und Kunst. „Das Kunstwerk ist für mich das vielleicht überzeugendste Zeugnis von Sinn: es ist fast nichts Negatives mehr darin.“

Leidenschaftlich gern machte er Reisen. Eine nach Südamerika ließ ihn nicht mer los: das Leben dieser Menschen unter dem Existenzminimum war für ihn eine schreiende Anklage und eine Herausforderung an uns alle.

Auch als Theologe quälte ihn die Frage nach dem Ursprung des Bösen und des Leidens: Er wußte darauf keine schnelle Antwort.

Wir wünschen ihm, daß die Rätsel nun gelöst werden und seine Sehnsucht sich erfüllt.

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