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Danke, es geht uns gut. Sehr gut sogar. So kann ich wieder ehrlich auf die Frage nach dem eigenen Befinden antworten. Wenn immer ich während der vergangenen zwei Jahre selbst jemand anderen danach gefragt habe, kamen die unterschiedlichsten Schilderungen. Man berichtete von Beziehungskrisen, Problemen in der Arbeit, lernunwilligen Kindern – immer jedoch mit dem Nachsatz, das sei alles nichts im Vergleich zu dem, wie es uns gerade gehen müsse. Ja und nein. Es stimmt natürlich, dass wir auf der zehnstelligen Skala der dramatischen Ereignisse, die Familien treffen können, Stufe siebzehn erreicht haben. Und trotzdem waren wir nicht dauerhaft deprimiert und haben uns über Alltägliches gefreut.

„Wie geht’s?“, haben auch die oft zu wenig Mitgefühl fähigen Langzeithäftlinge mit ehrlichem Interesse nachgefragt. Und sie freuen sich nun, dass ich von der Genesung meiner Tochter berichten kann. Wie gut oder schlecht es einem geht, ist eben immer eine Frage der Perspektive. Zum Beispiel damals, am Gang der Kinderstation, den die Kleine mit ihrem Infusionsständer entlanggegangen ist, weil sie es im Zimmer nicht mehr ausgehalten hat. Gerade erst hatten wir von der neuerlichen Erkrankung erfahren, wieder standen lange Behandlungen bevor. Plötzlich kam uns ihr Freund von der „ersten Runde“ ebenfalls mit Infusionsständer entgegen. „Hallo, hast du auch wieder Krebs? Super, dann treffen wir uns ja wieder öfter! Komm, gehen wir ins Spielzimmer!“ Wir Mütter haben uns fassungslos angeschaut. Neben aller Trauer mussten wir plötzlich lachen. Und mit uns das Pflegepersonal. Lachen unter Tränen, sich im größten Schmerz über einen Freund freuen: Ich glaube, so geht’s, das Leben.

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