6816062-1973_10_01.jpg
Digital In Arbeit

Von Krise zu Krise

19451960198020002020

Alles Warten auf Währungswunder ist vergeblich. Auch der vor etwa drei Wochen inszenierte Uberraschungscoup der zehn-prozentigen Dollar-Abwertung vermochte die Nervosität an den Devisenmärkten nicht zu bremsen. Wieder zwei Wochen später, Ende Februar, war die Deutsche Bundesbank abermals gezwungen, in ihre Kassen zu greifen und Dollars für rund 70 Milliarden Schilling aufzukaufen, die Einlaß in die Bundesrepublik Deutschland begehrten. Schon nach so kurzer Zeit war der Dollar wieder die Währung, die den internationalen Gelddisponenten in Banken und multinationalen Unternehmen Angstschauer über den Rücken jagte. Für Politiker aber waren zwei neue Rahmenbedingungen entstanden: die Zeit zwischen zwei Währungskrisen wird immer kürzer; die rasch aufeinanderfolgenden ruckartigen Wechselkursänderungen unterscheiden sich von „floatenden“ Kursen nur noch graduell, keineswegs mehr fundamental.

19451960198020002020

Alles Warten auf Währungswunder ist vergeblich. Auch der vor etwa drei Wochen inszenierte Uberraschungscoup der zehn-prozentigen Dollar-Abwertung vermochte die Nervosität an den Devisenmärkten nicht zu bremsen. Wieder zwei Wochen später, Ende Februar, war die Deutsche Bundesbank abermals gezwungen, in ihre Kassen zu greifen und Dollars für rund 70 Milliarden Schilling aufzukaufen, die Einlaß in die Bundesrepublik Deutschland begehrten. Schon nach so kurzer Zeit war der Dollar wieder die Währung, die den internationalen Gelddisponenten in Banken und multinationalen Unternehmen Angstschauer über den Rücken jagte. Für Politiker aber waren zwei neue Rahmenbedingungen entstanden: die Zeit zwischen zwei Währungskrisen wird immer kürzer; die rasch aufeinanderfolgenden ruckartigen Wechselkursänderungen unterscheiden sich von „floatenden“ Kursen nur noch graduell, keineswegs mehr fundamental.

Werbung
Werbung
Werbung

Nach einer am letzten Wochenende ergebnislos verlaufenen Sitzung der EWG-Finanzminister soll nach einigen vorklärenden Besprechungen am kommenden Sonntag in Brüssel im Rahmen einer neuerlichen Sitzung der EWG-Finanzminister eine Entscheidung fallen. Das voraussichtliche Ergebnis dürfte auf einen Abschied von festen Wechselkursen hinauslaufen. Damit würde, wie Industrie, Handel und Kreditwirtschaft argumentieren, ein Element der Instabilität in den Welthandel eingeschleust, das in einer ohnedies höchst unsicheren Währungswelt untragbar sei. Dem halten die Theoretiker entgegen, daß die Flexibilität der Wechselkurse durch die rasch aufeinander folgenden Währungskrisen ohnedies schon Tatsache geworden sei. Überdies sei der nächste, nur noch kleine Schritt zum Floaten schon von mehreren Regierungen getan worden. Schon vor irgendwelchen Beschlüssen des EWG-Finanzministeriums floaten heute das englische Pfund, der Schweizer Franken, die italienische Lira, der kanadische Dollar und der japanische Yen. Der französische Franc, der belgische Franc und der holländische Gulden floaten außerhalb des Warenverkehrs, also im Bereich der Kapitaltransaktionen. Überdies hat die Deutsche Mark schon zweimal zeitlich begrenzt gefloatet. Warum also, so fragen die Theoretiker, sollte der entscheidende Schritt zum gemeinsamen Floaten der EWG-Währungen nicht dann getan werden, wenn die Engländer ihr Pfund und die Italiener ihre Lira abgewertet, haben, um so das europäische Floaten zu einem Instrument der Währungspolitik zu machen?

Als Ideal wird in diesem Vorschlag eine Teilnahme Österreichs, der Schweiz, Schwedens und Norwegens hingestellt. Präsident Doktor Igler von der Industriellenver-einigung teilt diese Ansicht jedenfalls nicht vorbehaltlos. Er meinte, daß sich Österreich nicht einseitig an der D-Mark orientieren dürfte.

Für die wirtschaftliche Position Österreichs als Exportland auch in den COMECON-Bereich geradeso wie in den nordamerikanischen Raum wäre es wahrscheinlich günstiger, eine Spaltung des Devisenmarktes in einen offiziell gestützten Handelsdollar und einen dem freien

Spiel von Angebot und Nachfrage ausgesetzten Finanzdollar für Kapitaltransaktionen vorzunehmen. Freilich ist hier zweierlei zu bedenken: Erstens kann aus vielerlei Gründen der integrationspolitischen Rücksichtnahme das Finanzministerium beziehungsweise die Nationalbank nicht so autonom handeln, wie das auch aus Neutralitätsgründen wünschenswert wäre; zweitens birgt eine Bevorzugung des kommerziellen Verkehrs und eine Diskriminierung des Kapitalverkehrs eine Reihe von Nachteilen. Einer und nicht der geringste davon wäre eine Positionsverschlechterung des mehr und mehr zu einem internationalen Bank- und Finanzplatz aufstrebenden Wien. Einem Land, das dieses Ziel anpeilt, steht es nicht gut an, den kommerziellen Bereich günstiger zu behandeln als den Bereich der reinen Kapitaltransaktionen. Gegen dieses Argument wird freilich die Wichtigkeit des Schutzes vor einem Inflationsimport gegenübergestellt und behauptet, mit einer Politik der doppelten Wechselkurse werde das Exportinteresse mit demjenigen an der Teuerungsbekämpfung versöhnt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung