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Der kaiserliche Briefschreiber

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BRIEFE KAISER FRANZ JOSEPHS AN FRAU KATHARINA SCHRATT. Herausgegeben von Jean de Bourgoing. Verlag Herold, Wien-München, 1964. 416 Seiten. 15 Bildtafeln, 1 Faksimile. Preis 198 S.

Seit 1949 die Briefe Franz Josephs I. an Frau Schratt zum ersten Male erschienen sind, bilden sie einen unentbehrlichen Bestandteil der Franz-Joseph-Literatur. Die vorliegende Neuausgabe zeichnet sich durch erweiterte Bearbeitung aus, neben einer die drückende Last der ersten 40 Regierungsjahre des Kaisers aufzeigenden geschichtlichen Einführung machen zwischen den Briefen eingeschobene Texte, Anmerkungen und ein Namenregister die Briefe in jeder Hinsicht verständlich. Die aus den Jahrzehnten von 1886 bis 1916 stammenden Briefe betreffen kultur-, familien- und ge- sellsehaftsgeschichtliche Ereignisse, interessante Einzelheiten des Lebens am Wiener Hof und eine Fülle nicht unwichtiger Ergänzungen zu entscheidenden politischen Vorgängen in In- und Ausland.

Von hohem Wert erscheinen die biographischen Angaben über alle in irgendeinem Zusammenhang genannten Personen, hier liegt eine Art Personengeschichte — freilich mit auffallender Bevorzugung des Hofburgtheaters — vor, für die alle geschichtsorientierten Kreise Jean de Bourgoing aufrichtig danken müssen.

Die kommentierenden Erläuterun gen machen ersichtlich, wie schwierig das Leben des Herrschers unter den auf ihn einstürmenden Einflüssen bis zu seinem Tode war, und der Leser gewinnt neue Einblicke in die Gedankenwelt Franz Josephs als Privatmann, der Kaiserin Elisabeth, des Kronprinzen Rudolf, dann auch Bismarcks oder in die nie ungefährlich gewesenen politischen Strömungen in Ungarn. Niemals aber läßt sich der kaiserliche Briefschreiber in seiner unnachahmlichen Korrektheit verleiten, Staatsfragen direkt zu berühren, und immer sind eindeutige Grenzen gezogen zwischen dem, was eine gute Freundschaft zu berichten gestattete und was die Ausübung des Herrscheramtes zu sagen verbot. Der mit der Materie hervorragend vertraute Herausgeber verstand es, mit ebensoviel Geschick als ritterlichem Takt das Charakterbild Franz Josephs im Spiegel seiner vertraulichen Korrespondenz in einer Art zu vervollständigen, wie es aus den anderen zur Verfügung stehenden Quellen nie möglich gewesen wäre. Der Verlag hat das Werk in vorbildlicher Weise ausgestattet v.nd auch nicht ein vierseitiges Brief-Faksimile vergessen.

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