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Reisen- eine Erholung

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Reisen ist heute beinahe schon zur Erholung geworden, und dies selbst dann, wenn es sich um rein dienstliche Ortsveränderangen handelt. Heute sind die öffentlichen Verkehrsmittel zum Großteil so ausgestattet, daß sie großen Komfort bieten. Obwohl die Eisenbahn Speise- und Schlafwagen und in der ersten und zweiten Klasse gute Sitzgelegenheiten bietet, wird dem Reisenden in der Eisenbahn derzeit vielleicht doch noch die geringste Aufmerksamkeit von allen öffentlichen Verkehrsmitteln geschenkt. Sie ist und bleibt ein Massentransportmittel, und in Europa ist es leider noch nicht so wie in Amerika, wo dem Reisenden im Zug jeder nur erdenkliche Komfort geboten wird. Lieber den Komfort bei Omnibusreisen haben wir erst in letzter Zeit einen Beitrag geliefert. Gerade nach dem Krieg hat der Omnibus als Ferntransportmittel sehr an Boden gewonnen und dies nicht zuletzt durch Komfort und Bequemlichkeit.

Das vornehmste und schnellste Verkehrsmittel ist und bleibt jedoch das Flugzeug. Die Betreuung des Reisenden und der Komfort waren schon früher und sind auch jetzt für die Fluggesellschaften Verpflichtung. Eine Flugreise zählt immer zu den angenehmsten Reisen, die man sich wünschen kann. Die Betreuung des Passagiers durch das Bordpersonal ist hervorragend, und man versucht stets, die relative Beschränkung des Platzes, die beim Flugzeug konstruktiv bedingt ist, durch alle möglichen anderen Annehmlichkeiten wettzumachen. Dazu kommt, daß der Flug zeitmäßig immer wesentlich kürzer sein wird als die Reise mit anderen Verkehrsmitteln. Fliegen zählt heute bereits zu den geschäftlichen Notwendigkeiten, und es ist daher nicht zu verwundern, daß die Fluglinien vielfach, besonders auf gewissen Strecken, stets ausverkauft sind. Der moderne Geschäftsmann muß möglichst rasch von einem Ort zum anderen gelangen und — was für ihn besonders wichtig ist — in ausgeruhtem Zustand an sein Ziel gelangen, da vielfach sofort anschließende Konferenzen Ermüdungserscheinungen einfach nicht zulassen.

Wie wickelt sich nun das Fliegen, vom Passagier her betrachtet, eigentlich ab?

Greifen wir die Eigenheiten einer einzigen Fluggesellschaft von vielen heraus. Auf allen BEA-Routen werden die Fluggäste durch einen Steward und eine Stewardeß betreut. Das Personal ist gut ausgebildet und spricht nebst Englisch auch andere geläufige europäische Sprachen. Auf überseeischen Routen versehen darüber hinaus auch einheimische Stewardessen den Dienst, so z. B. Chinesinnen und Japanerinnen auf den fernöstlichen Strecken.

Beim Besteigen des Flugzeuges ist die Stewardeß den Passagieren behilflich, hilft beim Anlegen des Sicherheitsgürtels und verteilt vor dem Abflug auf Wunsch Bonbons, die den leichten Druck in den Ohren, der sich manchmal beim raschen Aufstieg des Flugzeuges bemerkbar macht, vermindern hilft. Unmittelbar, nachdem das Flugzeug seine Reisehöhe erreicht hat, beginnt sie Erfrischungen zu servieren, wie Tee oder Kaffee, Brötchen, Keks und Süßigkeiten, die selbstverständlich im Flugpreis inbegriffen sind. In der Touristenklasse erhält man auf Wunsch steuerfreie englische Zigaretten und gegen Entgelt Drinks und Erfrischungen aller Art.

Inzwischen händigt der Captain das sogenannte „Flight Bulletin“ dem Steward aus, der es dem Passagier in der vordersten Sitzreihe weiterreicht. Aus ihm ersieht man die augenblickliche Position, die Flughöhe, die Geschwindigkeit, wie weit sich das Flugzeug vom nächsten Landungspunkt befindet und wann die Landung erfolgen wird. Der Captain begrüßt nach dem Abflug die Passagiere mittels Lautsprecheranlage und macht sie während des ganzen Fluges auf etwaige Sehenswürdigkeiten, wie z. B. Flüsse, hohe Berge usw., aufmerksam. Auf längeren Strecken erhalten die Passagiere eine' komplette Hauptmahlzeit, und darauffolgend wird wieder Tee oder Kaffee gereicht.

Nach der Landung begleitet die Stewardeß die Passagiere zum Abfertigungsgebäude, bringt die Transitpassagiere ins Flughafenbüfett und die ankommenden Passagiere zum Zoll.

Eine wichtige Frage ist, wie weit die Fluggesellschaft für geschäftliche Verluste aufkommt, die sich durch Abweichungen vom Fahrplan infolge der Wetterlage ergeben. Die BEA erklärt dazu: Wenn eine Karte für einen Flug gebucht ist und die Maschine witterungsbedingt nicht starten kann, dann erhält der Reisende keinerlei Vergütung, sondern wird auf dem Flugplatz bewirtet und anschließend wieder zum Stadtbüro der Fluggesellschaft zurückgebracht. Transitpassagiere erhalten bei Zwischenlandung und folgendem Startverbot der nächsten Maschine die Hotelkosten sowie die Mahlzeiten für einen Tag gratis. Ebenso werden Telephonoder Telegrammspesen, die durch diese Verzögerung erforderlich sind, vergütet. Die Ueber-nachtung und Verpflegung zu Lasten der Gesellschaft werden auch dann übernommen, wenn durch Umsteigen von einer Maschine in eine andere, die erst nächsten Tag startet, eine Uebernachtung erforderlich wird. Ansprüche an die Gesellschaft seitens des Passagiers können nicht gestellt werden, wenn durch irgendwelche Umstände ein Starten unmöglich ist. Sollte es sich herausstellen, daß der betreffende Reisende eine Maschine einer anderen Gesellschaft zu einem günstigeren Zeitpunkt erhalten kann, so kann er sie ohne weiteres benützen, soweit sich diese Gesellschaft in der IATA, der Dachorganisation von 76 Fluggesellschaften, befindet. Die IATA hat ihren Standort in Toronto und eine Zweigstelle in Paris.

Die internationalen Fluggesellschaften haben seit einiger Zeit den Zwei-Klasse-Dienst eingerichtet. Die Flugpreise der ersten Klasse sind durch erhöhten Komfort und größere Bewegungsfreiheit im Flugzeug, wie eigens konstruierte Liegesitze auf Ueberseeflügen, ausgesuchte Mahlzeiten, freie Zigaretten, freie alkoholische Getränke aller Art (Champagner usw.) gekennzeichnet. Auf den längeren Strecken werden für

Erste-Klasse-Passagiere eigene Maschinen eingesetzt. Seit einiger Zeit haben die internationalen Fluggesellschaften jedoch auch sogenannte

„Mixed-cIass“-Hugdienste eingeführt. Auf diesen Flugdiensten sind Erste- und Touristenklasse-Passagiere getrennt voneinander untergebracht.

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