Dolmetscher - © Foto: APA / AFP / Pool / Virginia Mayo

EU-Dolmetscher: Drahtseilakte in der Sprachbox

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Um wichtige Entscheidungen zu treffen, müssen sich EU-Politiker bestens verständigen. Dolmetscher stellen die Kommunikation täglich sicher. Aber wie sieht ihr Alltag aus? Über die Arbeit in den Kabinen und die mangelnden Englischkenntnisse der EU-Vertreter.

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Um wichtige Entscheidungen zu treffen, müssen sich EU-Politiker bestens verständigen. Dolmetscher stellen die Kommunikation täglich sicher. Aber wie sieht ihr Alltag aus? Über die Arbeit in den Kabinen und die mangelnden Englischkenntnisse der EU-Vertreter.

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Tief drinnen im EU-Parlament in Brüssel schlägt das Herz der europäischen Demokratie: In den kleinen Sitzungssälen, wo die Ausschüsse tagen und Fraktionen diskutieren, spielt sich das tägliche Handwerk der Volksverteter ab, die aus derzeit noch 27 Ländern hierher entsandt wurden. Hinter ihren im Halbkreis angeordneten Stühlen befinden sich, durch Glasscheiben vom Saal abgetrennt, die Kabinen der Dolmetscher. Technisch gesehen sind sie nicht weniger als die Maschinenräume des Projekts Europa.

An einem sommerlichen Nachmittag findet sich einer dieser fensterlosen Sitzungssäle verlassen und im Halbdunkeln. Nur hinten, in der Kabine der deutschen Übersetzer, blickt Ramona Binder auf eine anstrengende Arbeitswoche zurück. Es sind die Wochen der Debatten um den EU-Haushalt und die Corona-Hilfspakete. Die anhaltenden Reibungen zwischen den Institutionen erleben die Dolmetscher aus nächster Nähe: „Es ist eine besondere, spannungsgeladene Zeit“, so Ramona Binder, die mit Anfang 40 schon zehn Jahre EU-Erfahrung hat. Vor ihr auf dem Tisch liegt ihre Arbeitsgerätschaft: ein Schaltpult mit Kopfhörern als Verbindung in den Saal – „ganz wichtig ist der Mute-Knopf, damit ich etwas sagen kann, ohne dass es jemand hört, Papier und Bleistift, wenn man die Kollegen um Hilfe fragen und etwas notieren muss, und eine dicke Mappe, randvoll mit Informationen zu allen Einsätzen der Woche“, sagt Binder. Namen und Fotos der Mitglieder eines Ausschusses, die Lebensläufe der Kommissionsmitglieder in spe sowie ihre schriftliche Kommunikation vorab mit dem Parlament, all das stellt die Dienststelle der Dolmetscher bereit.

„Mein Ziel ist es ja schließlich, dass die Redner gut rüberkommen“, sagt Binder. Dar um beginnt ihre Vorbereitung lange vor einer Sitzung. Viel lesen, Videos der Abgeordneten anschauen, sich bekannt machen mit Inhalten und möglichst auch mit der Stimme. Daneben gilt es mit den sprachlichen Eigenheiten von Rednern aus verschiedenen Ländern vertraut zu sein. „Spanier, Franzosen und Italiener reden sehr schnell“, sagt Binder, die vor allem Englisch, aber auch Spanisch, Französisch und Rumänisch ins Deutsche übersetzt.

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