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Botschaft an den Deutschen Katholikentag

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Papst Pius XII. hat an den Deutschen Katholikentag in Berlin eine Botschaft gerichtet, in der es unter anderem heißt: „Ihr habt als Ort eurer Tagung Berlin gewählt: Berlin, das Wir nicht vergessen können, weil es Uns für Jahre froher und erfolgreicher Berufsarbeit im Dienste der Kirche und zum Besten eures Volkes Heimstätte war — Berlin, zur Zeit seiner Hochblüte die Stadt mit Weltgeltung durch die Wucht ihrer industriellen wie geistigen Leistung —, heute Gegenstand der Weltachtung ob des erschütternd harten Schicksals, das der Krieg und seine Folgen über sie gebracht und das ihre Söhne und Töchter mit zähem Mut gemeistert haben. Ihr habt als Tagungsort Berlin gewählt und euch aus Ost und West dort eingefunden, um laut zu bekunden: Wir gehören zusammen. Die

Jahre der Heimsuchung, weit entfernt, uns zu trennen oder einander zu entfremden, haben das Bewußtsein, daß wir Brüder und Schwestern sind, nur geschärft und den Willen, es zu bleiben, nur verstärkt. Und wenn seit hundert Jahren der Bonifatiusverein die Katholiken Deutschlands aufrief, sich zusammenzutun und überall da Hilfe zu bringen, wo sie Glaubensgenossen in Not wußten, so muß die Wirkungskraft dieses heiligen Bundes und vor allem die ihn beherrschende Idee in euch allen so lebendig sein wie je seit der Stunde seiner Gründung: Einer stehe ein für den anderen und keiner fühle sich verlassen und vergessen — er soll wissen: die anderen denken an mich, beten für mich und helfen mir.“ In zwei ausführlichen Hinweisen fordert der Hl. Vater die Teilnehmer sodann auf, im Bewußtsein der unbedingten und überzeitlichen Wahrheit sowie des unermeßlichen Reich-

tu ms des Glaubens zu leben, und erteilt schließlich Bischöfen, Priestern und dem gesamten gläubigen Volk den Apostolischen Segen.

Im Rahmen des Deutschen Katholikentages in Berlin fanden außer den großen öffentlichen Kundgebungen Tagungen von zehn Arbeitsgemeinschaften statt, die allgemein zugänglich waren, um die Sorgen und Wünsche des gesamten Volkes zu Wort kommen zu lassen. Der Andrang zu den Arbeitsgemeinschaften war so groß, daß die Säle und Kirchen, in denen die Tagungen stattfinden, meist lange vor Beginn der Beratungen wegen Überfüllung geschlossen werden mußten.

„Die in den Arbeitsgemeinschaften aufgeworfenen Fragen“, sagte der Berliner Oberhirte, Bischof W e s k a m m, „brennen allen Christen auf den Nägeln."

Ein Pfarrer aus Ostdeutschland betonte in der Arbeitsgemeinschaft „Gottes Reich geht über alle Grenzen", der katholische Geistliche müsse auch Seelsorger der Nichtkatholiken sein. Die Arbeitsgemeinschaft solle darauf hinwirken, daß mehr Priester in die Diasporagebiete der Ostzone geschickt werden.

Außergewöhnlich starkes Interesse fand die Arbeitsgemeinschaft „Ist christliche Ehe heute möglich?“ Bischof Doktor Josef Schroffer von Eichstätt sagte, dieses Thema greife eine große Hoffnung und zugleich eine Sorge der Kirche auf. Sie warte auf den Neubau der Familie und der Ehe, in der der Gedanke Gottes Wirklichkeit werde. Auch der Heilige Vater messe dieser Frage besondere Bedeutung bei.

Der Leiter der Arbeitsgemeinschaft, Direktor Wolasch, stellte fest, daß die Einkommen oft so gering seien, daß man Angst vor dem neuen Kinde habe. Eine vordringliche Forderung sei die Festigung der inneren Kraft der Ehe, die das wirkliche Abbild des Lebensbundes Christi mit der Kirche sein müsse. In der Diskussion begrüßte ein Teilnehmer aus der Ostzone, daß es heute möglich sei, in einer Kirche über Fragen der Ehe so offen zu sprechen.

In der Arbeitsgemeinschaft „Wie bleiben unsere Kinder Christen?“, die überwiegend von Teilnehmern aus der Ostzonendiaspora besucht war, wurde vorgeschlagen, Mütter, die zum Broterwerb gezwungen seien, durch zeitlich nicht so sehr belastete Gemeindemitglieder zu betreuen. Besonders müsse die Katholiken das Problem der 90.000 Mischlingskinder angehen, von denen 4000 Negerkinder sind.

Der Deutsche Katholikentag, über den die „Furche“ noch eine Zusammenschau bringen wird, wurde am Sonntag mit einer machtvollen Kundgebung beschlossen.

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