Gedenktafel für den Heldenplatz

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März 1938 - oder auch offizielle Predigtreihen garantieren nicht, daß das Evangelium verkündet wird. So war der in der lutherischen Kirche empfohlene Text für den Sonntag nach Hitlers Heldenplatzrede der Psalm 118. Da heißt es u. a. "Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat. Laßt uns freuen und fröhlich sein. Ach, Herr, hilf doch! Ach, Herr, laß wohl gelingen! Gesegnet sei, wer da kommt im Namen des Herrn."

Politische Begeisterung und Bibeltext haben an diesem Sonntag einander auf den meisten Kanzeln geküßt - die Predigten waren schrecklich.

Periodisch seit 1945 ist es üblich geworden, die Frage nach dem Warum zu stellen. Wie konnte man sich so irren? Sechzig Jahre später wird man wohl feststellen dürfen, daß diese Frage hinlänglich und erschöpfend in Zehntausenden Buchseiten, Diskussionen, Filmen und Fernsehsendungen beantwortet worden ist. Und wer es jetzt noch immer nicht weiß, ist entweder von schaumgebremster Intelligenz oder will es eben nicht wissen. Jetzt geht es eigentlich schlicht und ergreifend nur mehr darum, Schuld, Mitschuld, Mitläufertum und Opportunismus öffentlich zu bekennen.

Auch die beiden evangelischen Kirchen in Österreich haben sich damit schwer getan und es erst 1988 geschafft. In ihrem damals formulierten Schuldbekenntnis - gesprochen in der Gumpendorfer Kirche - wird u. a. bekannt: "Unsere Evangelische Kirche A. u. H. B. hat vor 50 Jahren nicht stark genug geglaubt und nicht mutig genug bekannt. Sie hat geschwiegen, wo sie hätte reden sollen; sie hat oft geredet, wo sie besser geschwiegen hätte. Aus Furcht vor Menschen sind viele von Gottes Wahrheit abgewichen und haben dem Irrtum und der Verführung nicht eindeutig widersprochen."

Aber die entsprechende Gedenktafel auf dem symbolträchtigen Heldenplatz fehlt noch: "Hier haben am 15. März 1938 unzählige Wiener und Wienerinnen einem falschen Messias zugejubelt. Zur selben Zeit saßen viele Menschen voller Angst in ihren Wohnungen und die ersten wurden ins KZ verschleppt. Und wem jubeln wir heute zu?

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