6768848-1968_45_09.jpg
Digital In Arbeit

Kein zaghafter und kleinlicher Weg

Werbung
Werbung
Werbung

Nach zwei Richtungen verläuft die Reform: die eine bezieht sich auf eine erweiterte und vertiefte Persönlichkeitsbildung der einzelnen Mitglieder, die andere auf die innere Struktur des Ordenslebens. Beide bedingen sich gegenseitig. Die letztere könnte man auch als Reform der Autorität bezeichnen. Die einzelnen Mitglieder der Orden sollen in einer aktiveren Weise als bisher in die Mitverantwortung in allen Fragen der Ordensleitung einbezogen werden. Dies kann natürlich zu einer Krise der Autorität führen und hat wohl auch da und dort schon dazu geführt.

Zahlreiche Orden und Kongregationen haben in den letzten Jahren und besonders in diesem Jahr ihre Generalkapitel abehalten, die sich vor allem mit der inneren Struktur des Ordens beziehungsweise mit den Ordenssatzungen befaßten. Viele Vorarbeiten sind dazu geleistet worden, wobei man dabei schon von der Voraussetzung aus ging, möglichst eile Mitglieder einer Ordensfamilie aufzufordern, bei der vorgesehenen Reform mitzudenken, mitzureden und Mitverantwortung zu tragen. Es sind hiermit schon die Wege für’ i neue-Strukturen„ die eine einseitige autoritative Führung mit einer mehr kollektiven zu vertauschen suchen, gebahnt. Damit werden wohl auch im Gemeinschaftsleben der Orden jene Wandlungen möglich, die bei einer entsprechenden Persönlichkeitsentfaltung notwendig sind. Natürlich handelt es sich hierbei um erste Versuche und bedarf es ihrer längeren Erprobung, um genau zu sehen, in welchem Ausmaß diese Kollektivführung überhaupt möglich ist. Es muß aber doch anerkannt werden, daß man in der Reform der Orden nicht zaghaft und kleinlich vorangeht.

Arbeit geleistet haben. Fast sämtliche Mitglieder der Frauenorden und sehr viele Brüder der Männerorden haben diese Kurse bereits per- solviert, und dieser Bildungsweg wird wohl ein allgemein angenommener bleiben.

Reform der Novizen und der Oberen

Auch für die erste Erziehung im Ordensleben, für das Noviziat, wurde wenigstens bei den Frauenorden ein Kurs eingerichtet, in dem die Grundlagen des Ordenslebens von Fachleuten dargeboten werden. In Wien zum Beispiel besteht für die Frauenorden der gesamten Diözese ein derartiger Kurs schon seit zwei Jahren, die sogenannte „Noviziatsschule“.

Darüber hinaus wurde schon viel getan, um die Oberinnen der Orden weiterzubilden, aber auch die Ökonomen und Ökonominnen, die die wirtschaftliche Verwaltung zu tragen haben.

Eine andere Seite der Persönlichkeitsbildung betrifft die fachliche Ausbildung für die jeweilige apostolische Arbeit: Krankenpflege, Schule, Sozialarbeit, Jugendarbeit usw. — Auch dafür erhalten alle Ordensmitglieder jene Ausbildung, die ähnliche Berufe unter den Weltchristen erhalten, das heißt, sie erhalten eine Berufsausbildung, die mit einem Diplom abschließt.

Wer weiß, wie schwierig die Situation der meisten Orden unter dem mangelnden Nachwuchs heute ist, kann einigermaßen erkennen, daß die Orden mit Großmut und unter vielen Opfern bereit sind, alle Forderungen zu erfüllen, die heute an sie gestellt werden. Wenn man auch nicht schon unmittelbar die Früchte dieser Arbeit sehen kann, so ist doch zu erwarten, daß eine junge Generation religiös und geistig für die Aufgaben in unserer heutigen Welt nachrücken wird.

Wenn alle diese Bemühungen einmal Früchte zu bringen beginnen werden, wird sich auch zeigen, daß die Persönlichkeitsbildung in den Orden stark genug ist, um selbständige, selbstverantwortliche, apostolische Menschen zu formen.

Da und dort zeigen sich heute bedauerliche Säkularisierungserscheinungen in den Orden, die ihr Wesen eher verdunkeln als erhellen. Sie sind nicht eine Frucht der geplanten oder zu planenden Reformen, sondern eher eine Folge des viel umfassenderen Säkularisierungsprozesses in der gesamten Kirche und des oft sehr unsachlichen und oberflächlichen Redens und Schreibens über kirchliche Reformen, das heute leider in der kirchlichen Öffentlichkeit und in der Presse einen viel zu breiten Raum einnimmt.

Es ist nicht immer leicht, zwischen echter und unechter Anpassung an die Welt zu unterscheiden. Echt ist ja nur jene Anpassung, die nicht den Geist und das Wesen des Ordensideal verdunkelt. In Einzelheiten ist es oft schwer, die Grenze richtig zu ziehen. Daher dürfen bedauerliche Säkularisierungserscheinungen nicht schon von vornherein als Verfall betrachtet werden, sondern vielmehr als Begleiterscheinungen eines überaus schwierigen Reformprozesses.

Ende der Autonomien

Nach einer anderen Seite hin zeichnet sich ein Wandel der Strukturen dadurch ab, daß sich die völlige Autonomie der einzelnen Orden in ein Gesamtkonzept der Orden und ihrer Tätigkeiten hineinintegriert durch die Bildung der sogenannten „Superiorenkonferenzen“, in denen alle Orden — männliche und weibliche — zusammen ihre gemeinsamen Angelegenheiten beraten.

Dazu kommt ein drittes: die Integrierung der Orden in die Gesamtkirche beziehungsweise in die Diözese, die bisher durch die Kontakte zwischen Superiorenkonferenz und Bischofskonferenz angebahnt wurde und in Zukunft voraussichtlich durch einen bischöflichen Vikar für die Orden eine noch festere Verankerung erhalten wird.

Soweit die Reform auf eine erweiterte Persönlichkeitsbildung der einzelnen Ordensmitglieder abzielt, sind ebenso schon zahlreiche Schritte getan worden. Die Priesterorden werden sich der Erneuerung der theologischen Studien, wie sie in den Diözesen im Gange ist, und wahrscheinlich auch neuen Formen der Gemeinschaftserziehung anpassen. Für die Mitglieder der weiblichen Ordensgemeinschaften und jenen der männlichen Ordensgemeinschaften, die nicht Priester sind, ist bereits seit Jahren schon eine vertiefte religiös-geistige Schulung im Gange. Hier ist vor allem zu erwähnen, daß die Theologischen Kurse für Laien und der Theologische Fernkurs schon viel fruchtbare.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung